Knock at the Cabin (2023)

Wir müssen reden...

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Es gab eine Zeit, da wollten wir gar nicht unbedingt öffnen, wenn der Regisseur M. Night Shyamalan mit einem neuen Werk anklopfte. Doch nach einer Reihe von Flops gelang dem Autorenfilmer zunächst mit dem minimalistischen Psychothriller „The Visit“ (2015) ein Achtungserfolg – und schließlich mit „Split“ (2016) und „Glass“ (2019) die Rückkehr ins Mainstream-Kino, das ihn einst mit dem Überraschungs-Hit „The Sixth Sense“ (1999) schon so wohlwollend in die Arme geschlossen hatte.

Durchaus bewundernswert war daraufhin die Entscheidung, mit Old (2021) eine sich selbst komplett ernst nehmende Mischung aus einem schrägen Schocker und einem existenziellen Drama folgen zu lassen. Nun legt Shyamalan mit Knock at the Cabin nach – einer Adaption des 2018 veröffentlichten Romans Das Haus am Ende der Welt von Paul Tremblay.

Das zu Beginn eingeblendete Studio-Logo im Retro-Look sowie der Vorspann mit großen, knalligen Lettern und gruseligen Zeichnungen gemahnen ästhetisch an das Kino der 1970er Jahre, an Genre-Perlen wie Das Omen (1976), Der Teufel auf Rädern (1977) oder Amityville Horror (1979). Und dann sind wir plötzlich mitten in der Natur, in einem Wald – allerdings in keinem finster-unheimlichen Forst, sondern in einem sonnigen, grünen Idyll. Die kleine Wen (Kristen Cui) fängt Grashüpfer, um die Tiere in einem Glas zu beobachten. Als ein hünenhafter Typ mit etlichen Tätowierungen auftaucht, stellt sich unweigerlich ein Gefühl von Bedrohung ein. Aber der Mann, der sich als Leonard (Dave Bautista) vorstellt, wirkt erstaunlich freundlich.

Erst als Leonard von schweren, schrecklichen Entscheidungen zu reden anfängt, die Wen und ihre beiden Adoptivväter Eric (Jonathan Groff) und Andrew (Ben Aldridge) alsbald zu treffen hätten, und als sich noch drei weitere Gestalten der abgelegenen Hütte nähern, in der die Kleinfamilie ein paar entspannte Tage verbringen wollte, bekommt es Wen mit der Angst zu tun. Wenig später sitzen Eric und Andrew gefesselt einer bewaffneten Vierergruppe, bestehend aus Leonard, Sabrina (Nikki Amuka-Bird), Adriane (Abby Quinn) und Redmond (Rupert Grint) gegenüber – und werden mit einer ziemlich unfassbaren Forderung konfrontiert.

Dass es sich bei Knock at the Cabin um keinen gewöhnlichen Home-Invasion-Thriller handelt, wird rasch klar. Denn wieso räumen diese Eindringlinge alles fein säuberlich auf, was im Laufe der Geschehnisse zu Bruch geht? Warum wird so salbungsvoll von Empathie und Toleranz gesprochen? Und warum stellen sie sich derart höflich vor? Viele mögliche Gründe für das seltsame Verhalten des Quartetts, die auch uns in den Sinn kommen könnten, werden insbesondere von Andrew als Theorien formuliert.

Shyamalan schafft es dabei, ein hohes Maß an Spannung zu erzeugen – nicht zuletzt dank seiner guten Besetzung. So erzeugt Bautista mit seiner Verkörperung von Leonard die perfekte Kombination aus Sympathie und Unbehagen. Und auch Groff und Aldridge tragen als Eric und Andrew entscheidend dazu bei, dass wir dem zuweilen recht kruden Plot folgen – da die Dynamik des Paares, dessen Geschichte in Rückblenden noch vertieft wird, voller Ambivalenzen steckt. Hält Andrew seinen Partner für zu schwach, für zu beeinflussbar? Begegnet er ihm wirklich auf Augenhöhe? Die Konflikte zwischen den beiden machen den Film zu einer interessanten Beziehungsstudie.

Das stimmige Schauspiel und die faszinierende Atmosphäre können indes nicht verbergen, dass Knock at the Cabin auf einen Schlussakt hinausläuft, der schlichtweg ratlos zurücklässt. So anregend das Kammer- und Gedankenspiel für lange Zeit ist, so enttäuschend ist im Endeffekt die düster-kitschige Art und Weise, in der Shyamalan uns wieder in die Welt außerhalb dieser Hütte im Wald schickt. An das makabre Strandabenteuer in Old oder an seine früheren Werke kann der Filmemacher hier insgesamt nicht anschließen. Dennoch werden wir uns beim nächsten Klopfen von Shyamalan gewiss nicht verstecken. Die Lust, sich auf seine speziellen Visionen einzulassen, bleibt bestehen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/knock-at-the-cabin-2023