One Piece Film: Red (2022)

Ein Konzert, sie zu binden ..

Eine Filmkritik von Christian Neffe

Wer in den frühen 2000ern regelmäßig ins kultige Nachmittags-Anime-Programm auf RTL II schaltete, kam um diese Serie nicht herum: „One Piece“. Der Adaption der seit 1997 laufenden Manga-Reihe von Eiichiro Oda kommt inzwischen auf mehr als 1000 Folgen und steuert nun so langsam auf ihr großes Finale zu, bei dem endlich die Frage geklärt werden soll, die von Anfang an die Motivation sämtlicher handelnder Figuren bestimmt hat: Was ist das One Piece? Bislang ist nur eines bekannt: dass es sich um den Schatz des legendären Piraten Gold Roger handelt, den dieser vor seiner Hinrichtung versteckt hat. Wer ihn erbeutet, soll zum König der Piraten aufsteigen.

Dieser simple MacGuffin diente damals als Ausgangspunkt für eine ausschweifende Abenteuergeschichte in einer fantasy-esken Piratenwelt voller schriller Charaktere mit übernatürlichen Fähigkeiten. Denn was Oda immer neue Eskapaden erlaubt, sind die sogenannten Teufelsfrüchte, die es in dieser Welt gibt und die den Verzehrenden alle möglichen, teils völlig abstrusen Talente bescheren: den eigenen Körper zu Sand zu machen etwa, Elemente beschwören oder Erdbeben erzeugen. Der Malus, der damit einhergeht: Die Besitzer*innen der Kräfte können nicht mehr schwimmen und gehen im Wasser unter wie ein Stein. In einer Welt, die einzig aus Inseln in einem riesigen Meer besteht, keine besonders gute Voraussetzung.

Diese Weltstruktur bringt auch eine erzählerische Eigenart in die One-Piece-Welt: Sie erlaubt mit jeder neuen Insel das Erzählen eigener kleiner, abgeschlossener Story-Arcs – sowohl im Anime als auch in den Filmen. Derer erscheint mit One Piece Film: Red nunmehr der 14. Ableger, der sich zwar vor allem an langjährige Fans richtet, aber auch für jene interessant ist, die schon einige Jahre nicht mehr in die Serie oder den Manga reingeschnuppert haben. Wer indes gar keine Berührungspunkte mit One Piece hat, die zentralen Konflikte, Institutionen und Charaktere nicht kennt, sollte lieber fern bleiben und bei Interesse erst einmal von ganz vorne beginnen. Andernfalls dürfte man all das einfach nur als reichlich seltsam empfinden.

Nicht zuletzt, da One Piece Film: Red mit einem Ereignis startet, das man so gar nicht mit Piraten-Geschichten assoziiert: einem Pop-Konzert. Zudem hat die weltbekannte und beliebte Sängerin Uta auf die Insel Elegia geladen, und auch die Strohhut-Piratenbande unter Protagonist Monkey D. Ruffy – seines Zeichens mit den Kräften der Gum-Gum-Frucht ausgestattet, die ihn seinen Körper gummiartig ausdehnen lässt – ist anwesend. Als sich Ruffy und Uta persönlich begegnen, ist die Freude groß: Beide waren in ihrer frühen Kindheit beste Freunde, haben sich seit Jahren nicht gesehen.

Das Glück währt aber nicht lange, denn Uta verfolgt mit ihrer Musik den Plan, die Welt in ein „besseres Zeitalter“ frei von Piraten zu führen. Was natürlich zum Konflikt mit ihrem Freund, einem Piraten, führt. Ihre Teufelsfrucht scheint sie unantastbar und unbesiegbar zu machen, kann Uta doch Dinge und Personen nach Belieben verwandeln und kontrollieren. Die Weltregierung sieht derweil in Uta eine Bedrohung für die gesamte Welt und entsendet ihre Truppen nach Elegia. Dort wartet schließlich der ein oder andere Twist, der an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden soll.

Nur so viel: Die Geschichte von One Piece Film: Red nimmt ein paar wirklich düstere Abzweigungen, thematisiert unter anderem einen Genozid, fantastische Utopien, sowie, wenn auch verklausuliert, Pläne für einen Massensuizid. Im Zuge dessen wandelt sich auch die Musik, die Uta zum Besten gibt: Der anfangs zuckersüße J-Pop schlägt allmählich eine finsterere Rock-Richtung ein, bleibt bis zum Schluss aber erstaunlich mitreißend und fremdschamfrei.

Stichwort Schluss: Gerade das letzte Drittel ist für Fans ein Hochgenuss. Dann versammeln sich etliche bekannte Figuren zum großen Showdown, sogar Ruffys Ziehvater – der Rote Shanks, der in der Serie durch Abwesenheit und überhöhende Mythologisierung glänzt – findet sich zu einem größeren Auftritt ein. Garniert wird das Ganze mit ordentlich optischem Final-Bombast, und fertig ist ein Film, der die Herzen aller One-Piece-Anhänger*innen höher schlagen lässt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/one-piece-film-red-2022