Sophie Scholl - Die letzten Tage

Der Widerstand des Geistes

Am 22. Februar 1943 wird die Studentin Sophie Scholl nach einem dreitägigen Verhör gemeinsam mit ihrem Bruder Hans von dem eigens aus Berlin angereisten Vorsitzenden des berüchtigten Volksgerichtshofs Roland Freisler zum Tode verurteilt. Das Urteil wird noch am selben Tag zwischen 16 und 17 Uhr im Gefängnis München-Stadelheim vollstreckt. Mit ihnen stirbt am selben Tag Christoph Probst. Wenige Wochen später folgen andere Mitglieder der Widerstandsgruppe \"Weiße Rose\", unter ihnen Professor Kurt Huber, Alexander Schmorell und Willi Graf.
Im Februar 1943 bereitet die kleine Widerstandsgruppe \"Weiße Rose\" ihre letzte Flugblattaktion vor. Die Schrift, die von Professor Kurt Huber verfasst und die an der Münchner Universität verteilt wurde, enthält einen flammenden Appell an die Studentenschaft, sich gegen die Unterdrückung und Verrohung aller Werte entschieden zur Wehr zu setzen: \"Freiheit und Ehre! Zehn lange Jahre haben Hitler und seine Genossen die beiden herrlichen deutschen Worte bis zum Ekel ausgequetscht, abgedroschen, verdreht, wie es nur Dilettanten vermögen, die die höchsten Werte einer Nation vor die Säue werfen. Was ihnen Freiheit und Ehre gilt, das haben sie in zehn Jahren der Zerstörung aller materiellen und geistigen Freiheit, aller sittlichen Substanz im deutschen Volk genügsam gezeigt... Studentinnen! Studenten! Auf uns sieht das deutsche Volk! Von uns erwartet es, wie 1813 die Brechung des napoleonischen, so 1943 die Brechung des nationalsozialistischen Terrors aus der Macht des Geistes.\" Bei der Verteilung der Flugblätter an der Universität werden Hans und Sophie Scholl (Fabian Hinrichs und Julia Jentsch) schließlich erwischt und verhaftet, sofort beginnen die Verhöre durch die Gestapo, die die Gruppe mit dem geheimnisvollen Namen schon lange im Visier hatte.

Bei den Vernehmungen durch den erfahrenen Gestapo-Beamten Hans Mohr (Alexander Held) gelingt es Sophie zuerst, den Mann zu täuschen – erstaunlich genug bei einem Verhör-Profi wie Mohr. Doch das Geständnis ihres Bruders bringt auch sie dazu, ihre \"Taten\" in vollem Umfang einzugestehen. Und mehr noch, mit aller Kraft versucht sie, die alleinige Verantwortung für die Aktionen der \"Weißen Rose\" auf sich zu nehmen, um Mitstreiter wie Christoph Probst (Florian Stetter), der Vater dreier Kinder ist, vor dem sicheren Tod zu retten. Doch auch sie kann die Verurteilung der anderen durch den Vorsitzenden des Volksgerichtshofs Roland Freisler (André Hennicke) nicht verhindern. Noch am Tage des Schnellprozesses kommt die Zeit des Abschieds...

Marc Rothemund hat jene letzten Tage Sophie Scholls in beeindruckender Weise inszeniert und beinahe dokumentiert, auf eine Art und Weise, die alles Andere, was derzeit in den deutschen Kinos als Aufarbeitung der deutschen Geschichte zu sehen ist, in den Schatten stellt. Dem Cäsarenwahn im wagnerianischen Ausmaß und dem Leben und Sterben im Führerbunker in Der Untergang setzen der Regisseur und sein Drehbuchautor Fred Breinersdorfer den mutigen Widerstand der Gruppe \"Weiße Rose\" entgegen, die so etwas wie das Gewissen in den Tagen des Nationalsozialismus waren. Ein Widerstand des Herzens, der neben dem Hitler-Attentat oftmals in Vergessenheit gerät. Ein typisch deutsches Phänomen, vielleicht auch deshalb, weil die Gruppe um Sophie und Hans Scholl anders als die Gruppe um Graf Stauffenberg nicht darauf hoffen konnte, dass ihre Aktionen den Sturz des Regimes bewirken würden. Um so größer erscheint das Risiko und das Opfer, dass sie zu bringen bereit waren.

Basierend auf historischen Dokumenten wie den Vernehmungsprotokollen und Interviews mit Zeitzeugen ist Marc Rothemund mit Sophie Scholl - Die letzten Tage ein äußergewöhnlicher und aufrüttelnder Film über eine mutige Frau gelungen, deren Kraft und Zivilcourage beispielhaft ist oder zumindest sein sollte. Julia Jentsch hat hier zweifellos eine ihrer stärksten und beeindruckendsten Rollen, ebenso Alexander Held, der als Gegenspieler Hans Mohr die differenzierte Darstellung eines Gestapo-Beamten fernab jeder Schwarzweiß-Malerei abliefert.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/sophie-scholl-die-letzten-tage