Die Perlenstickerinnen - Les Brodeuses

Die Kunst der leisen Töne

Die 17-jährige Claire (Lola Naymark) arbeitet an der Kasse eines Supermarktes, doch die Arbeit und ihre Kolleginnen nerven sie, und ihre Mutter interessiert sich kaum für ihre Tochter. Außerdem ist Claire schwanger von einem Typen, der längst nicht mehr aktuell ist, ein Zustand, den sie mit weiter Kleidung verbirgt und später mit einer Krebserkrankung erklärt. Sie plant, das Kind anonym auf die Welt zu bringen und anschließend zur Adoption freizugeben. Die einzige Ablenkung, die sie in ihrer verzweifelten Lage hat, sind ihre Stickarbeiten und die Gespräche mit ihrer Freundin Lucile (Marie Félix), die in Lyon studiert.

Lucile weiß Rat und erzählt Claire von Madame Melikian (Ariane Ascaride), die erst vor kurzem ihren Sohn bei einem Motorradunfall verloren hat und die als Perlenstickerin für die Haute Couture arbeitet. Claire ist Feuer und Flamme und fragt Madame Melikian nach einer Leerstelle. Diese ist allerdings so gefangen von der Trauer um ihren Sohn, dass sie wenig erfreut über die Aussicht ist, eine Lehrmädchen aufzunehmen. Doch sie weiß instinktiv um Claires Lage und willigt schließlich ein, dass die junge Frau bei ihr arbeiten kann. Schnell entdeckt sie, wie fingerfertig und geschickt das Mädchen ist, und zwischen den beiden entwickelt sich so etwas wie eine Freundschaft, bei der zwar kaum gesprochen, aber umso mehr gestickt wird. Und Schritt für Schritt finden die beiden Frauen langsam den Weg zurück in ein Leben, das beiden bereits abhanden gekommen schien. Langsam, beinahe unmerklich kehren die Farben, der Glanz, das Sonnenlicht und das Leben in das kleine Atelier zurück.

Dass Eléonore Fauchers hochgelobter Film ein Erstlingswerk ist, das spürt man immer wieder, auch durch mancherlei technische Unzulänglichkeiten. Doch dies macht sie locker wett durch eine einfache, aber zutiefst authentische Geschichte, in der es vor allem die Details, die kleinen Gesten und fein beobachteten Regungen sind, die diesen Film zu einem außergewöhnlichen Ereignis machen. Mit denkbar einfachsten Mitteln erzählt sie von Freundschaft, Liebe und Verlust, davon, wie man den Mut wieder zurück gewinnt und wird doch trotz der großen Themen nie pathetisch, sondern bleibt eng bei den Figuren. Und ganz nebenbei zeigt sie die fast schon vergessene Kunst der Perlenstickerei, die neben den Akteurinnen eine wichtige, wenn nicht sogar die zentrale Rolle in dem Film spielt. Ein wahrhaft eindrucksvolles Debüt, das beim Filmfestival von Cannes der Großen Preis in der Reihe Sémaine de la Critique erhielt und auch beim Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken das Publikum mit leisen und melancholisch-schönen Tönen für sich einnahm.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/die-perlenstickerinnen-les-brodeuses