Schwere Jungs

Cool Runnings auf bayrisch

Eine Filmkritik von Markus Fritsch

Garmisch-Partenkirchen in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Während einer Dorfolympiade gewinnt der ehrgeizige Dorfler (Nicholas Ofczarek) gegen seinen ewigen Konkurrenten Gamser (Sebastian Bezzel) das Schlittenrennen. Großmäulig lässt sich Dorfler feiern, während Gamser und sein Team geknickt bei der Siegerehrung stehen. Von nun an gehen die beiden Kontrahenten verschiedene Wege und können sich gegenseitig nicht ausstehen. Doch das Dorf ist klein und es ist so gut wie unmöglich, sich komplett zu vermeiden.
1952, etwa zwölf Jahre später: Dorfler ist ein reicher Brauereibesitzer und Weltmeister im Bobfahren zugleich. Er bringt mit einer Erhöhung der Bierpreise die Dorfbevölkerung gegen sich auf und darf zugleich Deutschland bei der Olympiade in Oslo vertreten. Selbstbewusst verkündet er im Wirtshaus, dass er eine Medaille für die Bevölkerung im Nachkriegsdeutschland holen wird. Die Einwohner jubeln Dorfler zu. Nur Gamser sitzt mit einigen Freunden zerknirscht am Tisch. Sie können den Dorfler immer noch nicht leiden. Gamser ist Besitzer einer verschuldeten Schreinerei und mit der schwangeren Rosi (Liane Forestieri) verheiratet. Mit Missmut beobachtet er Dorflers großspuriges Auftreten in der Öffentlichkeit. Nur zu gerne würde er wieder als Bobfahrer gegen Dorfler antreten.

Plötzlich erfährt Gamser, dass sich noch ein zweites Team für die Olympiade in Oslo qualifizieren kann. Mit großem Eifer überzeugt er seine Jugendfreunde den Franzl (Michael A.Grimm), den Gustl (Antoine Monot Jr.) und den Leusel Peter (Simon Schwarz), mit ihm an den Start zu gehen und sich für die Olympiade zu qualifizieren. Obwohl die Vorbereitung unprofessionell und voller technischer Pannen ist, entwickelt die Truppe um Gamser einen unbändigen Siegeswillen. Während sich die vier Athleten auf die Qualifikation vorbereiten, schließen Gamsers Frau Rosi und Dorflers frischgebackene Gattin Anna (Rike Schmid) Freundschaft. Gemeinsam erreichen sie, dass der ewig geldklamme Gamser von Dorfler eine Zusage für einen lukrativen Renovierungsauftrag bekommt. Auch sportlich steht der sehr talentierte Gamser in der Erfolgsspur. Zusammen schaffen sie die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Das Geld für einen neuen Bob finanzieren sie durch einen illegalen Handel mit norwegischen Sexheftchen. In Oslo angekommen muss sich die Mannschaft des Newcomers Gamser ein muffiges kleines Zimmer teilen, während Dorfler von der deutschen Delegationsleitung bevorzugt behandelt wird. \"Dorflers Probleme sind Deutschlands Probleme, von Hase!\" beschwört der Delegationsleiter (Horst Krause) seinen Assistenten (Bastian Pastewka). Doch die Vorbereitung zu den olympischen Spielen entwickelt sich zu einem einzigen Skandalunternehmen für die deutsche Delegation, mehrfach kommt es zu Schlägereien zwischen Gamsers und Dorflers Team und auch sonst sorgt die Feindschaft für allerhand Verwicklungen.

In einem Vorlauf gelingt es Gamser zum allgmeinen Erstaunen, Dorfler, der weit hinter seinen Möglichkeiten fährt, zu schlagen. Dorfler ist darüber so sauer, dass er seinen versprochenen Renovierungsauftrag an Gamser streichen will. Zu allem Unglück streitet sich Gamser auch noch mit seiner Frau am Telefon, die darauf hin aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen will. Auch Leusels Frau Gerdi (Lisa Maria Potthoff) reist kurzerhand aus Deutschland an, nachdem sie ihren Mann zusammen mit einer Eisprinzessin in der Wochenschau hat turteln sehen - das Chaos ist perfekt. Dann aber hat Gamser die rettende Idee, wie die in den Vorläufen enttäuschenden Bobs doch noch auf die Siegerspur gebracht werden können…

Mit Schwere Jungs ist dem Regisseur Marcus H. Rosenmüller eine stimmige, heimelige und mitreißende Komödie rund um das Bobfahren und Freundschaften gelungen. Der Film lebt vor allem von der Beständigkeit, mit der die bayrischen Sturschädel zünftig aneinanderrasseln. Die Schauspieler/innen sind mit Typen besetzt, die alle das Urig-Bajuwarische perfekt verkörpern. Detailverliebt und voller skurrilem Humor erinnert der Film streckenweise an die Erfolgskomödie Cool Runnings und gewinnt ihren Charme vor allem die liebevolle Karikierung der bayrischen Lebens- und Denkart, die ein ums andere Mal augenwzinkernd hochgenommen wird. Dabei ist Schwere Jungs weit mehr als nur ein Film über das Bobfahren. Auch Komödienfans, die nichts mit Wintersport im Allgemeinen und Bobsport im Speziellen am Hut haben, werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Es scheint also so, dass sich mit Schwere Jungs die Erfolgsgeschichte von Marcus H. Rosenmüller nahtlos fortsetzt. Wer hätte jemals gedacht, dass die deutsche Filmkomödie ausgerechnet von Bayern ausgehend ihre Renaissance erleben wird?

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/schwere-jungs