Szabadság, szerelem

Berlinale Special

Eine Filmkritik von Tomasz Kurianowicz

Rivalisierende Parteien, die für gewöhnlich Konflikte auf der politischen Bühne bestreiten, übertragen ihre Differenzen gern auf ein Spielfeld, um sie dort medienwirksam auszufechten. Kein Wunder, denn nur im Sport gehen glorreiche Sieger und gedemütigte Verlierer aus einem Kampf hervor. In der NS-Zeit nutzten die Nazis die Olympischen Spiele für verstellte Propaganda; im Kalten Krieg war jedes Zusammentreffen zwischen Sportlern aus der Sowjetunion und den USA mit konkurrierender Systemsymbolik belastet.
Zu Beginn des Films Children of Glory, dem größten Kassenerfolg der ungarischen Filmgeschichte, der im Rahmen des Berlinale-Specials der deutschen Öffentlichkeit präsentiert wurde, setzt Regisseurin Krisztina Goda Sport und Politik in ein paradoxes Verhältnis: Die ungarische Wasserball-Nationalmannschaft trifft kurz vor den Ereignissen von 1956 auf den vermeintlich Verbündeten, die Sowjetunion. Dem stillen Kodex, kameradschaftliche Treue legitimiere Unsportlichkeit, will sich der Ungar Karcsi Szabó (Iván Fenyö) nicht beugen und setzt sich mit ebenso ruppigen Mitteln gegen die kommunistischen Brüder zur Wehr. Zurück in Budapest wird er von einem Funktionär eindringlich aufgeklärt, dass auch im Sport die Sowjets die Regeln diktieren. Erst als Karcsi die politisch engagierte und nicht minder attraktive Viki Falk (Kata Dobó) auf einer Protestkundgebung kennen lernt, begreift er die Möglichkeit des Widerstands, der von den Streiks in Polen ermuntert, in den Universitäten von Budapest Unterstützer gewinnt. Karcsi kann seine Faszination für Viki nicht länger verbergen und verliebt sich in sie. Nun muss er sich zwischen konformistischer Wasserball-Karriere und dem Kampf für die Freiheit entscheiden.

Das 123-minütige Mammutwerk bedient sich gern und reichlich der Hollywood-Trickkiste. Bewegende Streichermusik begleitet die obligatorische Liebesszene; Pauken bestimmen die Geräuschkulissen zu den im Hintergrund explodierenden Bomben. Aufwendig gemachte Kriegsszenerien wirken zeitweise überladen und verstellen den Blick auf die spärlich eingeflochtenen Fakten. Der Film versucht die Liebesbeziehung mit dem Freiheitskampf und dem inneren Konflikt Karcis, der sich zwischen Karriere und moralischer Verantwortung bewegt, in Verbindung zu bringen. Hätte der Film auf einige Klischees verzichtet, wäre Regisseurin Goda behutsamer mit dem historischen Stoff umgegangen; der Film wäre der opulenten Wucht entkommen. So allerdings wirkt Children of Glory wie ein Nationalepos, das strenge Gegenüberstellungen zwischen Gut und Böse vollführt, um kräftig zu emotionalisieren. Dennoch bekommt der westlich sozialisierte Zuschauer einen Einblick in ein wenig bekanntes Kapitel der Geschichte, das zum Schluss des Films zu voller Geltung kommt. Die Wasserball-Mannschaft der Ungarn traf 1956 in der Finalrunde der Olympischen Spiele in Melbourne auf die Sowjets, während in der Heimat der Volksaustand von sowjetischen Panzern niedergeschlagen wurde. Wie der Klimax des Films eindrucksvoll darstellt, verlief das Spiel blutig und wurde mit einem 4:0 für die Ungarn vorzeitig abgepfiffen. Schon aufgrund dieser interessanten Geschichte wäre es wünschenswert, dass der Film einen Verleih in Deutschland findet. Damit wäre der Weg geebnet, über die ungarischen Grenzen hinaus den Aufstand von 1956 kontrovers zu diskutieren.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/szabadsag-szerelem