300

Das große Abschlachten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Es waren lediglich 300 spartanische Soldaten, die der König Leonidas (Gerard Butler) in der Schlacht am Thermopylenpass den Horden des Perserkönigs Xerxes entgegenstellte und die bis zum letzten Mann von der erdrückenden Übermacht niedergemetzelt wurden. Der Widerstand dieser tapferen Männer gegen die persischen Invasoren gehört wohl zu den faszinierendsten militärischen Leistungen der griechischen Antike. Der amerikanische Regisseur Zack Snyder, der zuletzt dem Horrorklassiker Dawn of the Dead neues Leben einhauchte, hat sich in seinem 300 betitelten Film an diese Episode antiker Militärgeschichte auf der Basis einer Comicvorlage angenähert, das Ergebnis wurde gestern dem Publikum auf der Berlinale vorgestellt, denn neben hoher Filmkunst findet sich bei dem Festival, dass branchenintern gerne als "Cannes with brains" bezeichnet wird, auch immer mal wieder ein Platz für die Niederungen des Kinos. Bei 300 allerdings stellt sich die Frage, wie tief angesetzt ein Film sein darf, um in Berlin gezeigt werden zu dürfen.
Mit Hilfe moderner Computertechnik verfremdet versucht Regisseur Zack Snyder, den Look des Comics von Frank Miller, aus dessen Feder auch die grafische Vorlage zu Sin City stammte, nachzuempfinden, was bisweilen auch gut gelingt. Das ist allerdings auch schon das Beste, was man über diese "Schlachtplatte auf Zelluloid" auch sagen kann, denn sehr viel mehr als Schauwerte, Dauergemetzel und stupide Dialoge aus dem Fundus minderbegabter Kriegsrhetoriker hat 300 nicht zu bieten, am allerwenigsten Selbstironie.

Nun mag es ein Zufall sein, dass Zack Snyders 300 just in den Tagen eines möglicherweise bevorstehenden kriegerischen Konfliktes mit dem Iran (also dem Nachfolgestaat des antiken Persien, das hier die freie Welt bedroht) sich anschickt, die Kinoleinwände zu erobern – die Kriegsrhetorik, die permanent dümmliche Klischees über Heldenmut, Opferbereitschaft und Gnadenlosigkeit und weitere pubertäre Plattitüden, sind allerdings auch ohne diesen konkreten Hintergrund schon ekelerregend genug. Und so passt es dann auch ins Bild, wenn Xerxes ein echter ganzkörpergepiercter Freak ist, eine Mischung aus Drag Queen und Popstar, der Monster und nach Art islamischer "Gotteskrieger" Vermummte aufbietet, um Sparta in die Knie zu zwingen. Und klar, dass die schlussendliche Niederlage der Verteidiger des Westens nur durch einen Verräter herbeigeführt werden kann. Ebenso klar ist auch, dass währenddessen an der Heimatfront ein wachsweicher Senat lieber endlose Debatten führt, statt den König mit Truppen zu unterstützen – ein Schuft, wer hier Parallelen zur gegenwärtigen politischen Lage in der Golfregion zieht.

Ein Streifen, der allenfalls als Trash goutierbar ist, der als Film aber höchstens das Prädikat "besonders wertlos" erhält – ein Propagandafilm von George W. Bush zur Fortsetzung seines "war on terror" hätte nicht schlimmer ausfallen können.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/300