Geliebte Jane

Die wahre Liebe

Eine Filmkritik von Markus Fritsch

Die Meisten kennen die englische Schriftstellerin Jane Austen aus langweiligen Schulstunden oder Seminaren an der Universität. Zudem gibt es ein Vorurteil, das die Person Jane Austen als biedere, verstaubte, alte Jungfer des 18.Jahrhunderts vermittelt, denn schließlich war sie nie verheiratet. Mit diesen Vorurteilen räumt der Film Geliebte Jane gründlich auf. Jane Austen war eine lebenslustige Frau, die in ihren bekannten Werken "Stolz und Vorurteil" und "Emma" mit feiner Ironie die Boniertheit des Bildungsbürgertums ihrer Zeit karikierte. Sie litt ihr Leben lang an einer gescheiterten Beziehung zu dem Iren Tom Lefroy, ihrer wahren Liebe. Diese Beziehung steht im Mittelpunkt der Tragikkomödie Geliebte Jane.
Im Alter von 20 Jahren lernt Jane Austen den gleichaltrigen, lebenslustigen Iren Tom Lefroy kennen und lieben. Doch beide kommen aus ärmlichen Verhältnissen und eine Liebesheirat hätte eine gesellschaftliche Ächtung der Beiden zur Folge. Geld alleine regierte diese vom Klassen- und Ständesystem geprägte Welt. Mr. und Mrs. Austen sind sich dieser Tatsache nur allzu deutlich bewusst. Sie wollen für ihre Tochter einen gut situierten und wohlhabenden Ehemann. In dem biederen Aristokraten Mr. Wisley, welcher der Neffe der reichen Lady Gresham ist, steht der perfekte Kandidat schon bereit. Doch Jane wehrt sich mit allen Mitteln gegen eine Heirat aus finanziellen Gründen. Sie glaubt an eine Welt jenseits aller Klassen- und Geldverflechtungen. Jane will nur aus Liebe heiraten und hat dazu eben den jungen Iren Tom Lefroy auserkoren. Dieser ist ein Jurist in Ausbildung, gut aussehend, intelligent und arm. Schon beim ersten Aufeinandertreffen knistert es zwischen den Beiden. Der junge Lebemann findet in Janes altklugem Talent und ihrer wilden Unabhängigkeit mehr als er je zu hoffen wagte. Die Wege der Beiden kreuzen sich immer öfter und schließlich verlieben sie sich ineinander. Doch sie stehen unter ständiger Beobachtung und haben eine ganze Gesellschaft gegen sich. Die ganze Familie der Austens warnt Jane vor den möglichen Folgen einer Beziehung. Lady Gresham verfolgt die Geschehnisse mit kühlem Zorn und Mr. Wisley hält hartnäckig an seiner Hoffnung auf eine Ehe mit Jane fest. Auch Tom gerät unter gesellschaftlichen Druck. Sein Onkel, der konservative und gefühlskalte Richter Langlois, hat persönlich und finanziell so einiges in den Neffen investiert und will nicht tatenlos zusehen, wie Tom diese Investitionen durch eine skandalöse Ehe aufs Spiel setzt. Jane und Tom bleibt schließlich nur noch die Flucht um ihre Liebe zu retten. . .

Mit naturalistischen Aufnahmen wird der Zuschauer in die Welt von Jane Austen (Anne Hathaway) eingeführt. Die Familie Austen lebt in einer bescheidenen Pfarrei im Dörfchen Steventon, wo Mr. Austen (James Cromwell) als Pfarrer arbeitet. Die Austens sind arm, bauen ihr eigenes Gemüse an und halten Tiere, um sich selbst versorgen zu können. Die Familie lebt dicht gedrängt auf engem Raum. Im Kontrast zu dieser realistischen Welt sehen wir Jane Austen, wie sie an einem Pult sitzt und schreibt. Mit Leidenschaft bringt sie schwungvolle Buchstaben und Wörter zu Papier. Doch Janes schriftstellerisches Talent steht im Gegensatz zu der kargen, realistischen Welt in der die Austens leben. Der Film verzichtet fast vollkommen auf das romantische Ambiente, in welchem die Romanfiguren von Jane Austen eingebettet sind. Nur als Tom in das Leben von Jane tritt, spiegelt auch die Umgebung die romantischen Gefühle der Beiden wieder: hitzige Wortgefechte in einem nahe gelegenen Wäldchen, ein Tanz auf einem Ball, freudiges Cricketspielen und eine sehr sinnliche Diskussion über Literatur in der Bibliothek. Je näher sich Tom und Jane kommen, umso stärker wird die romantische Komponente des Films. Der naturalistische Realismus überwiegt jedoch und zeigt die Gesellschaft, wie sie war: lustfeindlich und puritanisch. Regisseur Julian Jarrold ist es gelungen eine realistische und wahrheitsgetreue Welt zu kreieren, die von ihren Gegensätzen lebt: das ländliche Hampshire im Vergleich zum energiegeladenen London, der warme Haushalt der Austens gegenüber der unterkühlten Atmosphäre bei Lady Gresham und der Wandel von Janes jugendlicher Unbekümmertheit. Anne Hathaway spielt die Rolle der Jane Austen in perfekter sinnlicher Zurückhaltung. Sie hat genug Raum für ihre Performance, die zugleich sehr energiereich, jugendlich trotzig und tragisch wirkt. Auch James McAvoy als Tom Lefroy spielt überzeugend die Rolle vom jugendlichen Draufgänger bis zum romantischen Liebhaber von Jane. Die zweimalige Oscar-Preisträgerin Maggie Smith in der Rolle der unterkühlten Lady Gresham verkörpert perfekt den biederen Puritanismus jener Zeit.

Geliebte Jane ist eine gelungene Tragikkomödie über das Erwachsenwerden von Jane Austen. Nicht nur Jane Austen Fans und Anglisten werden an dem Film ihre Freude haben. Der Film bietet viel Melodramatik. Auch Freunde der Screwball-Comedy kommen durch den Wortwitz in den Dialogen und den trockenen Humor auf ihre Kosten.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/geliebte-jane