Hairspray (2007)

Back to the Sixties

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Remakes sind in der gigantischen Recycling-Maschine Hollywoods längst nichts Ungewöhnliches mehr, sie gehören vielmehr zu den Eigenarten der Traumfabrik. Inwiefern diese Filme der Vorlage etwas wirklich Neues hinzufügen können, darüber kann man trefflich streiten und allzu selten nur gelingt es, das Original zu übertrumpfen. Im Falle von Hairspray handelt es sich allerdings um einen Sonderfall, denn der Film basiert nicht auf John Waters Original aus dem Jahre 1988, sondern auf einem Musical, das nach dem Film entstand und das seit 2002 am Broadway aufgeführt und mit mehreren Tonys überhäuft wurde. Kein Wunder also, wenn sich die Neuverfilmung unter der Regie von Adam Shankman deutlich musiklastiger präsentiert und die mitreißenden Tanznummern im Vergleich zu der Waters-Version ein wenig in den Hintergrund treten müssen. An der Story selbst hat sich nur wenig verändert.

Baltimore im Jahre 1962: Tracy Turnblad (Nikki Blonsky) ist ein etwas fülliges Mädchen im Teenager-Alter, die wie viele andere ihrer Altersgenossinnen einen Traum hat: Sie will zum Star der Corny-Collins-Show avancieren, die – als Vorläufer heutiger Casting-Shows – Jugendlichen eine Chance gibt, ihr Talent im Tanzen unter Beweis zu stellen. Im Vergleich zu heutigen Shows diesen Formates geht es allerdings in den USA zu Beginn der Sechziger noch sehr ungerecht zu: Denn es gibt nur einen Tag im Monat, den so genannten „Negro Day“, bei dem auch farbige Jugendliche an der Show von Gastgeber Corny Collins (James Marsden) teilnehmen dürfen – allerdings mit Absperrungen von den weißen Altersgenossen getrennt. Unterstützt von ihren Eltern Wilbur (Christopher Walken) und Edna (John Travolta als Nachfolger der legendären Divine) wagt Tracy das Abenteuer und kann sich trotz ihrer Körperfülle und der intriganten Familie Von Tussle (Michelle Pfeifer glänzt hier als blonde Zicke Velma und Britanny Snow als deren Töchterlein Amber) gegen die Konkurrenz durchsetzen. Und ganz nebenbei sorgt Tracy dafür, dass die Rassenschranken zwischen Schwarz und Weiß – in den USA der sechziger Jahre immer noch bittere Realität – fallen.

Trotz des ernsthaften politischen Hintergrundes präsentiert sich Hairspray in der Neuverfilmung von Adam Shankman in erster Linie als turbulentes und quietschbuntes Filmmusical voller mitreißender Songs (geschrieben von Marc Shaiman, der die Musik und die Songs zu zahlreichen Filmen und Bühnenstücken wie Harry und Sally, Die Addams Family, Schlaflos in Seattle und vielen anderen mehr schrieb) als harmloser Spaß, der der ätzenden Satire eines John Waters ein wenig die Schärfe nimmt und stattdessen beste Entertainment-Qualitäten auf die Leinwand zaubert. Durch die Bank verstehen es die Darsteller – neben fixen Kinogrößen wie Christopher Walken und Michelle Pfeiffer sind es vor allem weitgehend unbekannte Schauspieler wie Nikki Blosnky, Brittanny Snow, Zac Efron, Elijah Kelley und Allison Janney - dem schmissigen Film ordentlich Drive zu geben. Auch John Travolta als Tracys Mutter Edna gibt sich mit viel Spaß an der Verkleidung reichlich Mühe, eine Ausnahmeerscheinung wie Divine vergessen zu machen, für ihn aber sind die Schuhe und Hüfthalter seiner Vorgängerin resp. seines Vorgängers dann doch einige Nummern zu groß. Doch das kann das Vergnügen an diesem Film kaum schmälern.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hairspray-2007