Outsourced - Auf Umwegen zum Glück

Die Welt des Karawanen-Kapitalismus

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Als Nokia Anfang des Jahres bekannt gab, sein Werk in Bochum zu schließen und seine Handys ab sofort in Rumänien zu produzieren, bezeichnete Finanzminister Peer Steinbrück die Entscheidung des finnischen Mobilfunkkonzerns sehr treffend als "Karawanen-Kapitalismus". Die Verlagerung von Produktionswerken und Arbeitsplätzen ins billiger produzierende Ausland steht längst auf der Tagesordnung unserer globalen Wirtschaft. Ein weiteres Beispiel dafür sind die Call Center in Indien, in denen sich die indischen Kollegen Nächte um die Ohren schlagen, um US-amerikanischen Kunden Online-Produkte, Versicherungen und Renten am Telefon zu verkaufen. Der Debütfilm Outsourced - Auf Umwegen zum Glück / Outsourced von John Jeffcoat ist eine wunderbare Komödie, die einen Einblick in dieses Milieu mit all seinen interkulturellen Hindernissen gibt.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht der 32-jährige Todd Anderson (Josh Hamilton), der als Abteilungsleiter in einem Call Center in Seattle arbeitet. Gleich zu Beginn des Films erfährt er von seinem Chef Dave (Matt Smith), dass seine gesamte Abteilung aus Spargründen nach Indien ausgelagert werden soll. Vor die Entscheidung gestellt, entweder arbeitslos zu sein und seine Firmenaktien zu verlieren oder seinen dortigen Nachfolger samt neuer Belegschaft einzuarbeiten, entscheidet sich Todd für Indien. Und los geht die nicht ganz so komfortable Reise nach Gharapuri, eine Kleinstadt in der Nähe von Mumbai. Dort wird er von seinem überglücklichen Nachfolger Puro (Asif Basra) in Empfang genommen, der ihn statt in dem gebuchten Hotel bei seiner Tante Aunti Ji (Sudha Shivpuri) unterbringt. Und wie es bei den Indern nun mal üblich ist, wird er erst einmal ausgequetscht. Ob er verheiratet sei, wie viel er verdiene usw. Todd tritt von einem Fettnäpfchen ins nächste, aber er lernt schnell die indischen Gepflogenheiten kennen, wie z.B., dass in Indien nur mit der rechten Hand gegessen wird, die linke ist unrein.

Den ganzen Film hindurch stolpert Todd von einem Fauxpas über den nächsten, aber das ist genau das Köstliche, das die Komödie ausmacht. Todd ist ein überaus sympathischer Zeitgenosse und so nimmt man ihm seine Fehltritte auch nicht übel, erst recht nicht, wenn man selbst schon einmal in Indien war und möglicherweise das Gleiche erlebt hat. Auch die Inder sind nachsichtig mit ihm, sie verlangen nur, dass er mehr über Indien lernen soll.

Das Call Center, das Todd auf Vordermann bringen soll, indem er die durchschnittliche MPA (Minute pro Auftrag) der telefonischen Auftragsabwicklung von 15 auf 6,0 Minuten soll, sieht von außen zwar wie ein halbfertiger Rohbau aus, ist innen aber mit modernster Technik ausgestattet. Was Todd dort vorfindet, schockiert ihn: ein fensterloses Büro mit vermeintlich hochambitionierten Indern, die mit ihrer Arbeit aber noch weit von den Firmenzielen entfernt sind. Weil Todd nicht ewig in Indien fest hängen will, versucht er alles Mögliche, um die Mitarbeiter auf "Amerikaner" zu trimmen, denn Aussprache und die Wortwahl der Verkaufsagenten sind entscheidend fürs Geschäft. Doch das allein reicht nicht, die MPA sinkt nur langsam und Todd muss schließlich einsehen, dass er mit seinen amerikanischen Ansätzen nicht weit kommt. Es ist schließlich "The Indian Way", der ihm Zugang zu den Mitarbeitern verschafft und deren Fähigkeiten erst so richtig ankurbelt. Sich nicht gegen Indien zu wehren, ist ein Rat eines Landsmannes, der Todd hilft, endlich in Indien Fuß zu fassen. Dann läuft alles wie am Schnürchen, die MPA fällt auf sechs, die Mitarbeiter sind glücklich, Todd ebenso – bis eines Tages sein Chef Dave unerwartet am Bahnhof steht und ganz neue Pläne für das Call Center verkündet. Die Karawane soll weiterziehen...

Outsourced - Auf Umwegen zum Glück / Outsourced fängt auf wundervolle Weise ein, was wohl jeder erlebt, der zum ersten Mal nach Indien reist. Ob man das Land liebt oder hasst, daran scheiden sich wohl die Geister, eins steht fest: ein Kulturschock ist garantiert. Dieses Chaotische, das an jeder Ecke lauert, alles in Extremform, Gerüche, Geräusche, alle Sinne werden überstrapaziert. Wenn man sich nicht darauf einlassen kann, hat man wenig Spaß daran. Ähnlich wie Darjeeling Limited (2007) von Wes Anderson hat John Jeffcoat den Aufprall zweier Kulturen untersucht, nur ist es bei ihm intelligenter und feinfühliger, während Andersons Figuren eher Karikaturen ähneln und die dummen Amerikaner im Orient verkörpern.

Wer mehr über die Arbeit in indischen Call Centern erfahren will und vor allem, was das für Menschen sind, die diesen Job machen, sollte sich unbedingt den Dokumentarfilm John & Jane (2005) von Ashim Ahluwalia ansehen. Der Film ist eine wunderschöne Ergänzung zu John Jeffcoats Komödie.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/outsourced-auf-umwegen-zum-glueck