South

Geschichte einer schweren Geburt mit glücklichem Ausgang

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Bruce (Matthew Mark Meyer) ist auf der Flucht. Nach einem missglückten Bankraub wird er gnadenlos vom FBI gejagt. Verletzt und verwirrt von den eigenen Erinnerungslücken, die es ihm schwer machen zu begreifen, wer er wirklich ist, träumt er davon, seine Verfolger abzuschütteln und irgendwo anders noch einmal neu anzufangen. Begleitet wird er von dem mysteriösen Tagebuch einer Frau namens Maria, das ihn eines Tages mit der Post erreichte. In ihm findet er schließlich den Schlüssel zu dem Rätsel seiner Identität. Verknüpft mit diesem Hauptplot entfalten sich noch zwei weitere Geschichten – zum einen eben jene von Maria (Jimena Hoyos) und zum anderen die des Klavierhändlers Mr. Davis (Sal Giorno) und seiner Aushilfe Dana (Claudia Vick), deren Wege sich schließlich mit jenen von Bruce kreuzen.
Ein österreichischer Film noir, der beinahe ausschließlich in Schwarzweiß gehalten ist, in dem nur englisch gesprochen wird und in dem man sogar noch die Twin Towers des New Yorker World Trade Centers sehen kann – South ist bereits auf den ersten Blick ein durch und durch ungewöhnlicher Film, dessen mysteriöser Atmosphäre man sich nur schwer entziehen kann. Und man ahnt schnell, dass man (im Film wie auch im Bezug auf seine Herkunft und Entstehung) ganz genau hinschauen muss, um ein deutliches Bild zu bekommen, was man da eigentlich zu sehen bekommen hat.

Beschäftigt man sich mit der Entstehungsgeschichte von South, entdeckt man Hintergründe, die beinahe genauso ungewöhnlich sind wie der Film selbst. 12 Jahre lang haben die beiden Filmemacher Gerhard Fillei und Joachim Krenn an ihrem Werk gearbeitet, haben sich ohne jegliches Backing durch Investoren oder Förderanstalten und nach langen, teilweise sehr schmerzhaften Querelen und Kämpfen immer wieder aufgerappelt und weitergekämpft. Zwischendrin hatten sie nicht einmal mehr die Rechte an ihrem eigenen Film. Die damalige Produktionsfirma verlangte den Verkauf der Rechte, von nun an solle ein anderer Regisseur weitermachen. Doch es kam anders – vier Jahre später, nachdem das Projekt keinerlei Fortschritte gemacht hatte, bot sich die Gelegenheit, die Rechte wieder zurückzukaufen. Allerdings zum doppelten Preis, den sie zuvor bekommen hatten. Sieben Jahre sollte es nun dauern, bis sie sich endlich wieder den Zugriff auf ihr Werk sichern konnten. Und auch danach ging es nur zäh voran, musste immer wieder mühsam Geld zusammengespart werden, bis man wieder eine Szene drehen konnte, mussten Schauspieler an den Look der lange zurückliegenden, bereits bestehenden Aufnahmen angepasst werden.

Immer am Rande des Scheiterns und des persönlichen Ruins balancierend haben sie an ihrem Traum festgehalten und ihn schließlich doch noch zu einem glücklichen Abschluss gebracht. Teilweise liegen zwischen den Szenen, aus denen der Film besteht, zehn Jahre, was man aber kaum merkt. Sicherlich kann man dem Film manches vorwerfen – seine Stilverliebtheit kann die Konfusion der Geschichte und die manchmal sehr leblose Charakterzeichnung der Figuren nicht immer vor dem Abdriften ins Beliebige retten. Dennoch bietet South viele gelungene Ansätze und eine ganz eigene Atmosphäre, von der man gerne mehr sehen würde – weil man sich in diese Bilder wunderbar hineinfallen lassen kann.

So oder so – South ist ein besonderer Film, der daran erinnert, dass Ausdauer und Besessenheit so manches kleine (Kino)Wunder vollbringen können. Beim nächsten Film wird alles besser – ganz sicher.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/south