Die Vampirschwestern

Unbedarftes Kinderkino

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Jeder geht mal durch diese Phase, in der es nichts Schrecklicheres gibt als „anders“ zu sein, negativ aufzufallen, schief angeguckt zu werden. Verzwickter Weise ist das aber genau die Zeit, auch Pubertät genannt, in der wir ständig das Gefühl haben, zur falschen Zeit am falschen Ort und im falschen Körper zu sein. Silvania und Dakaria fällt es besonders schwer, sich an ihre Altersgenossen anzupassen, denn die beiden Mädels sind Halbvampire.
Aber Silvania (Marta Martin) und Dakaria Tepes (Laura Roge) sind nicht nur Halbvampire, sie sind auch Zwillinge. Und trotzdem könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Während Silvania ihrer Menschenmutter ähnelt und am liebsten gar kein Vampir wäre, um mit ihrem Schwarm Jacob (Jeremias Meyer) den Tag gefahrlos im Freibad zu verbringen, wünscht sich ihre Schwester Dakaria nichts sehnlicher, als wie ihr Vater ein 100%iger Blutsauger zu sein. Doch wie so oft, sind auch in dieser Geschichte Wünsche ein gefährliches Spiel. Denn bei dem Zauber, der ihnen endlich das ersehnte Leben ermöglichen soll, geht etwas furchtbar schief und die Schwestern sind plötzlich unglücklicher als je zuvor.

Neben den Newcomern Marta Martin und Laura Roge komplettieren Christiane Paul als Menschenmutter Elvira und Stipe Erceg als Vampirvater Mihai die Kernfamilie der Geschichte. Erceg steht hier erstmals in einem Kinderfilm vor der Kamera und fügt sich überraschend gut in das unbeschwerte, komödiantische Konzept. Ein weiteres Highlight stellt Switch-Comedian Michael Kessler dar, der den misstrauischen Nachbarn der Familie Tepes mimt und für einen Großteil des Slapstickhumors verantwortlich ist. Er ist der klassische tollpatschige Antagonist, der grundsätzlich selbst über die Steine stolpert, die er den Helden der Geschichte in den Weg legt.

Die Vampirschwestern ist durch und durch ein Kinderfilm, der inhaltlich für Erwachsene wenig bereithält. Neben dem seichten Slapstick, der vor allem die kleinen Zuschauer zum Lachen bringen soll, liefert Regisseur Wolfgang Groos aber auch ein paar Gags für die Großen. Zudem bietet die Ausstattung so viele fantasievolle Details, dass auch dem erwachsenen Zuschauer nicht langweilig wird. Auch wenn die Identitätssuche der Protagonistinnen eher zum Teenageralter passt, richtet sich Die Vampirschwestern klar an die Kleineren. Silvanias Schwärmerei für Jacob bildet zwar einen Nebenschauplatz, nichtdestotrotz spielt das Thema Liebe eine eher untergeordnete Rolle. Und so dürfte das anvisierte Zielpublikum deutlich jünger sein als die Protagonistinnen, die durchaus zur "Generation Twilight" gehören. Die Vampirschwestern ist in vielerlei Hinsicht eine unschuldige Geschichte, in der Liebe etwas Reines ist, Gewalt stets im Slapstick-Gewand daher kommt und die Guten stets den Sieg davon tragen.

Der Film basiert auf der gleichnamigen Buchreihe von Franziska Gehm. Doch statt einen einzelnen Band zu adaptieren, hat Drehbuchautorin Ursula Gruber in enger Zusammenarbeit mit der Erfinderin mehrere Geschichten ineinander verwoben. Bei der Übersetzung der Geschichte vom Wort ins Bild konnten nicht alle Details übernommen werden, weshalb treue Leseratten sicher den einen oder anderen Unterschied entdecken werden. Vorkenntnisse sind aber nicht nötig: Gruber führt die zentralen Figuren und ihre Geschichte sehr direkt und kindgerecht ein, so dass auch die kleinen Zuschauer sofort im Bilde sind. Manchmal gestaltet sich ihre Dramaturgie vielleicht ein wenig zu simpel. Es ist zwar schön, wie die verschiedenen Episoden der Geschichte am Ende ineinanderlaufen, doch ist dieser Verlauf zumindest für die Größeren so absehbar, dass die Spannung ein wenig darunter leidet. Auch an dieser Stelle wird deutlich, dass Die Vampirschwestern ein Kinder- und kein Jugendfilm ist.

Die Geschichte mag für die jüngeren Kinozuschauer gedacht sein, die Botschaft des Films jedoch ist letzten Endes alterslos. Vater Mihai fasst sie gut zusammen, als er seine Töchter auf den Besuch der Menschenschule vorbereitet: Die Menschen fürchten sich vor Dingen, die sie nicht kennen. Die Ausgrenzung von Personen, die "anders" sind, spielt in der Geschichte immer wieder eine Rolle. Nicht nur Silvania und Dakaria sind anders. Auch die kleine Helene (Jamie Bick) wird auf Grund ihrer Hörbehinderung gemobbt und im Grunde ergeht es dem verschrobenen, aber eigentlich ziemlich einsamen Nachbarn nicht anders.

Auch wenn er sein Publikum auf inhaltlicher Ebene vielleicht etwas unterfordert, kann Regisseur Wolfgang Groos eine pädagogische Botschaft transportieren. Insgesamt ist Die Vampirschwestern ein in erster Linie unterhaltsamer Kinderfilm, der Spaß macht, aber sicher nicht lange im Gedächtnis bleibt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-vampirschwestern