After Earth

Finde deinen eigenen Weg!

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Megastar Will Smith steht Scientology nahe. Deswegen war auch sein aktueller Film After Earth schon im Vorfeld starker Kritik ausgesetzt. Dessen Probleme resultieren allerdings weniger aus Smiths Weltanschauung, sondern eher aus einigen zweifelhaften Drehbuchentscheidungen und der nicht komplett überzeugenden Besetzung. Diese kleineren Makel trüben zwar den Gesamteindruck, machen den Film als solches aber nicht kaputt. After Earth ist immer noch sehenswert!
Vor eintausend Jahren musste die Menschheit die Erde verlassen. Doch auch in ihrer neuen Heimat, Nova Prime, sollte sie nicht so recht glücklich werden. Aliens hetzten mörderische Monster, die Ursas, auf die Menschen, und nur solche, die keine Furcht kannten, hatten eine Chance, die Kreaturen zu besiegen. Der legendäre General Cypher Raige (Will Smith) ist einer von diesen "Ghosts" genannten Kämpfern. Sein Sohn, der dreizehnjährige Kitai (Jaden Smith), hat sich allerdings nicht so unter Kontrolle wie sein Vater. Zudem gibt sich der Junge die Schuld am Tod seiner Schwester, die von den Ursas getötet wurde. Als Kitai und sein Vater nach einem Asteroidenhagel auf einem Planeten notlanden müssen, bekommt der Junge die Chance zu zeigen, was in ihm steckt. Denn an Bord des Schiffs war auch ein Ursa – und der ist jetzt frei.

M. Night Shyamalan hat mit The Sixth Sense eindrucksvoll gezeigt, dass nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Mit seinen folgenden Filmen ist er allerdings immer weiter in der Zuschauer- und Kritikergunst gesunken. Das hat sicherlich mit der Erwartungshaltung der Zuschauer zu tun. Wer darauf hofft, erneut und in gleichem Maße wie bei The Sixth Sense verblüfft zu werden, übersieht möglicherweise die anderen interessanten Facetten seiner Filme. Im Falle von After Earth sind solche Spekulationen allerdings müßig, da die Idee für den Film von Will Smith selbst stammt und das Script maßgeblich von Gary Whitta (The Book of Eli) geschrieben wurde. Shyamalan selbst fungierte nur als Co-Autor.

Die Geschichte ist gar nicht mal schlecht. Sie bietet eine interessante Prämisse, ein klares Ziel, Dramatik, Überraschungen und genug Tempo. After Earth beginnt als Familiendrama, entwickelt sich aber schnell zum furiosen Abenteuerfilm, der mit originellem Design und atemraubenden Landschaften schnell in den Bann zieht; der Vater-Sohn-Konflikt wird trotzdem nicht vernachlässigt. Im Verlauf des Films darf die Hauptfigur, Kitai, die von Jaden Smith durchaus ordentlich gespielt wird, eine nachvollziehbare Entwicklung durchmachen, durch die sie gegenüber seinem kühlen Vater immer mehr Profil gewinnt. Die Moral könnte lauten: Kinder können durchaus in die Fußstapfen ihrer Eltern treten – um ans Ziel zu kommen, müssen sie trotzdem ihre eigenen Wege gehen. Was ebenfalls erstaunlich gut funktioniert ist Shyamalans Regie: Anstatt den Film zum reinen Action-Spektakel zu machen, legt er viel Wert auf Atmosphäre und Stimmung. Es gibt spannende, gruselige und geheimnisvoll-märchenhafte Szenen. Und an manchen Stellen glaubt man doch etwas von dem genialen Filmemacher Shyamalan zu erahnen, der uns Alternativen zu unserer Weltsicht aufzeigen will.

Was nicht so gut funktioniert, ist Will Smith als tougher Kämpfer, der keine Angst kennt und seinen Sohn nach militärischen Prinzipien erziehen will. Diese Rolle will einfach nicht zu Smith passen und wirkt sogar unfreiwillig komisch. Weitere Probleme hängen mit zweifelhaften Drehbuchentscheidungen zusammen. Es drängen sich Fragen auf: Warum hatte das Raumschiff überhaupt einen Ursa an Bord? Warum muss es ausgerechnet die alte Erde sein, auf der das Schiff notlandet? Es spielt für den Handlungsverlauf einfach keine Rolle.

Ebenfalls nicht ganz durchdacht oder zumindest unentschlossen wirkt der Film in seiner Position zum Thema Gefühle. "Fear is not real. It is a product of thoughts you create. Do not misunderstand me. Danger is very real. But fear is a choice", wird Papa Raige nicht müde zu betonen. Doch kann Sohn Kitai seine Aufgaben auf der Erde nur erfüllen, eben weil er Emotionen zulässt und seiner Intuition traut. Andererseits wird am Ende dieser sympathische Eigensinn des Jungen wieder relativiert, weil er in der finalen Auseinandersetzung dann doch – ganz im Einklang mit dem Credo seines Vaters – zum angstfreien Ghost mutieren muss. Das wirkt nicht konsistent und erweckt wieder Zweifel, ob After Earth nicht vielleicht als Vehikel für eine krude Philosophie angelegt ist – und Will Smith tatsächlich einige Ideen seiner Weltanschauung durch den Film promoten will. Die gute Nachricht: Diese mögliche Lesart des Film funktioniert am allerschlechtesten. Also, keine Angst vor After Earth. Als spannender, stimmungsvoller Abenteuerfilm und als Film über einen Jungen, der eine große Herausforderung meistert, hat Shyamalans Neuer nämlich einiges zu bieten.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/after-earth