Whiskey Tango Foxtrot (2016)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Reporterin ohne Grenzen

Ihre größten Erfolge feierte Tina Fey (Saturday Night Live, 30 Rock) bislang im Fernsehen. Mit Whiskey Tango Foxtrot unternimmt sie nun den nächsten Versuch, ihr Publikum auch im Kinosaal zu erreichen. In der Kriegskomödie des Regieduos Glenn Ficarra und John Requa (Crazy, Stupid, Love, Focus) verschlägt es Fey als Reporterin ins chaotische Afghanistan.

Krisengebiete scheinen nur auf den ersten Blick Dramen oder Kriegsfilmen vorbehalten. Auf den zweiten eignen sie sich wunderbar für Komödien, schließlich prallt mit den Soldaten, Entwicklungshelfern und Journalisten ausreichend fremde Kultur auf die einheimische. Genügend Potenzial also für amüsante Irrungen und Wirrungen. Nach Rock the Kasbah ist Whiskey Tango Foxtrot 2016 bereits die zweite Hollywoodkomödie, die in Afghanistan spielt. 15 Jahre nach dem Einzug der US-Truppen entdeckt die Traumfabrik die humoristische Seite dieses clash of cultures. Nach Bill Murrays kauzigem Musikmanager Richie Lanz ist jetzt Tina Fey an der Reihe. Als ambitionierte Journalistin Kim Barker verzweifelt sie in Kabul an einem Krieg, der in Vergessenheit gerät.

Das Kinopublikum lernt Kim ekstatisch kennen. Mit einer Flasche Weißwein in der Hand nimmt sie die Rapper von House of Pain beim Wort. Zu Jump Around springt sie grölend auf und ab, während die Meute um sie herum im Beat der bebenden Bässe kifft, kokst und kopuliert. Eine Erschütterung später ist die Tanzfläche leer. In Kabuls Zentrum ist eine Bombe detoniert. Die Meute stürzt in die Büros, telefoniert mit ihren Redaktionen. Hier entgrenzen sich seriöse Journalisten. „What the fuck?“, mögen die Zuschauer in Anlehnung an den Militärcode des Filmtitels denken. Kim Barker erging es bei ihrer Ankunft genauso.

Drei Jahre früher sitzt Kim verloren an ihrem Schreibtisch. In einer Rückblende zeigt Whiskey Tango Foxtrot, wie diese graue New Yorker Maus zum Feierbiest von Kabul mutiert. Tagsüber verfasst die Fernsehjournalistin Nachrichten, um den Abend gelangweilt mit Freund Chris (Josh Charles) auf der Couch zu verleben. Das Angebot, als Korrespondentin in Afghanistan vor die Kamera zu wechseln, verspricht da schon mehr Aufregung. Doch Kims Enthusiasmus ist schnell verflogen. Denn in Kabul weht ein anderer Wind, der der Journalistin erst das Tuch vom Kopf und dann die Dollarscheine aus der Hand bläst. In einem Land, in dem das Militär um General Hollanek (Billy Bob Thronton) nicht recht weiß, was es tun soll, weiß Kim zunächst nicht recht, worüber sie berichten soll. Also orientiert sie sich an Kollegen. Von der australischen Reporterin Tanya (Margot Robbie) lernt sie, ihre weiblichen Reize richtig zu gebrauchen, vom schottischen Fotografen Iain (Martin Freeman) richtig zu trinken und zu fluchen. Ihr afghanischer Helfer Fahim (Christopher Abbott) hat die richtigen Beziehungen, um Kim die ersten Geschichten zu verschaffen. Mit dem beruflichen Erfolg steigen das Ego und schließlich auch der Leichtsinn. Das Adrenalin im Angesicht der Gefahr ist Kims neue Droge.

Wie vor ihm schon Mitch Glazer in Rock the Kasbah setzt auch Drehbuchautor Robert Carlock auf den Kulturschock. Für Carlock, dessen Skript auf den Erinnerungen der Journalistin Kim Barker beruht, ist Kabul eine Blase (im Original: „Kabubble“), in der das Extrem normal und der Durchschnitt extrem erscheint. Zuhause ist Kim die unscheinbare Schreibtischtante, in der Fremde plötzlich heißbegehrt. Das dürftige Angebot erhöht die Nachfrage. Folglich muss sich die Reporterin, die eigentlich nur einen seriösen Job machen möchte, den gesamten Film über mit lüsternen Männern herumschlagen. Das ist mal amüsant, mit Iain gar romantisch, meist jedoch – wie in den Episoden mit dem Regierungsbeamten Ali Massoud Sadiq (Alfred Molina) – arg klischiert und allzu schnell redundant.

Der abrupte Stimmungswechsel zu Beginn zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Mal ist der Humor brüllend laut wie das Rattern der Gewehre, mal leise und tiefgründig wie die Stille danach. Das ist schade. Denn selbst hinter unnötig plumpen Pointen, wenn Kim etwa in Burka gekleidet in Zeitlupe die Blicke aller Männer auf sich zieht, stecken bedeutsame Themen. Um die Rolle der Frau – egal ob in Afghanistan oder den USA, ob im Privaten oder im Beruf – geht es in Whiskey Tango Foxtrot ebenso wie um Krieg, Religion, Liebe, Sex, Sucht und Selbstverwirklichung. Doch der Regie scheint das zu viel auf einmal. Was als sozialkritische Komödie mit tragischen Untertönen beginnt, wird bei Glenn Ficarra und John Requa erst zur schrägen Romanze samt actiongeladener Rettungsaktion (immerhin mit verkehrten Rollen), um schließlich in einen medienkritischen Karrierekampf zu münden. Und so zersplittert in diesem zerrissenen Land nach und nach auch die Handlung, je länger der Film dauert. Dass das Publikum dennoch nicht den Dienst quittiert, liegt an Tina Fey und Martin Freeman, die die Hassliebe ihres Pärchens wider Willen überzeugend spielen und dabei jede Menge wüstenstaubtrockene Gagsalven abfeuern.
 

Whiskey Tango Foxtrot (2016)

Ihre größten Erfolge feierte Tina Fey („Saturday Night Live“, „30 Rock“) bislang im Fernsehen. Mit „Whiskey Tango Foxtrot“ unternimmt sie nun den nächsten Versuch, ihr Publikum auch im Kinosaal zu erreichen. In der Kriegskomödie des Regieduos Glenn Ficarra und John Requa („Crazy, Stupid, Love.“, „Focus“) verschlägt es Fey als Reporterin ins chaotische Afghanistan.

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