Whale Rider (2002)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine herzergreifende Geschichte aus Neuseeland

Auf dem Rücken eines Wals hat ihr Urahne Paikea einst vor über tausend Jahren die neuseeländische Küste erreicht, so besagt es die Legende des Dorfes Whangara, die in den Bräuchen dieser Māori-Siedlung fest verankert ist. Koro (Rawiri Paratene), Oberhaupt der Gemeinschaft sowie Hüter und Vermittler der Traditionen, wartet sehnsüchtig auf den Erstgeborenen seines ältesten Sohnes Porourangi (Cliff Curtis), der einmal die Nachfolge seiner Position antreten soll. Die schwierige Geburt von Zwillingen kostet jedoch die Mutter und den kleinen Jungen das Leben, während seine Schwester unversehrt überlebt. Für Koro ist das mehr eine historische denn persönlich-menschliche Katastrophe, da die Kette der männlichen Nachkommen unterbrochen ist, doch der untröstliche Porourangi gibt seiner Tochter dennoch den verheißungsvollen Namen Paikea des Urahnen, der Empörung seines Vaters zum Trotz. Die kleine Pai (Keisha Castle-Hughes) wächst liebevoll von ihrer Großmutter Flowers (Vicky Haughton) umsorgt im Haushalt Koros auf, der das kleine Mädchen dennoch ins Herz geschlossen hat, während Porourangi als Künstler nach Europa geht, um der lähmenden Trauer zu entfliehen.

Als Pai jedoch zwölf Jahre alt ist, muss sie erfahren, dass sie als Mädchen von der Unterweisung in die alten Traditionen zunehmend ausgeschlossen wird, obwohl das wache und kluge Kind eine stark ausgeprägte Affinität zu den spirituellen Praktiken des Stammes zeigt. Die innige Verbindung zu ihrem Großvater bekommt schmerzhafte Risse, denn Koro lehnt seine Enkelin immer deutlicher und vehementer ab, je kräftiger diese bemüht ist, sich wie die Jungen der Dorfgemeinschaft in den Ritualen der Vorfahren zu üben, unterstützt allein von ihrer Großmutter, die spürt, welch gewaltige Energie in dem beharrlichen Mädchen steckt. Koros verzweifelte Anstrengungen, einen würdigen Nachfolger zu finden, scheitern, und der alte Mann resigniert über den enttäuschten Erwartungen an die männliche Dorfjugend, seine Söhne und die entwurzelte Gleichgültigkeit der modernen Zeiten. Als jedoch einige Wale an der Küste stranden und als hilflose Riesen um ihr Leben kämpfen, erwacht Koro aus seiner Lethargie und mobilisiert alle Kräfte und Helfer, um die verehrten Tiere zu retten – vergeblich. Doch Pai, vom Leiden der Wale ganz besonders berührt, wird in größter Not von geradezu magischen Fähigkeiten beseelt, die nicht nur das Schicksal der Wale entscheiden, sondern auch das der zerfallenden Stammesgemeinschaft.

Whale Rider, nach dem gleichnamigen Roman von Witi Ihimaera, ist eine wunderschöne und bewegende Geschichte mit der warmen, positiven Botschaft, dass die Offenheit und der Mut zu Veränderungen im Stande sind, tragende und identitätsstiftende Traditionen zu erhalten. Auf zahlreichen Festivals wurde der Film ausgezeichnet, der vor allem durch die authentisch und emphatisch von Keisha Castle-Hughes verkörperte Figur der tapferen Pai bezaubert, die für den Oscar als Beste weibliche Darstellerin nominiert wurde. Die Extras der DVD geben einen ausführlichen, sehenswerten Einblick in die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Films, der tatsächlich in Whangara, dem Ort seiner fiktiven Handlung, gedreht worden ist.
 

Whale Rider (2002)

Auf dem Rücken eines Wals hat ihr Urahne Paikea einst vor über tausend Jahren die neuseeländische Küste erreicht, so besagt es die Legende des Dorfes Whangara, die in den Bräuchen dieser Māori-Siedlung fest verankert ist.

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