Warte, bis es dunkel wird

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Mehr als nur ein einfaches Remake

In einer Zeit, in der man das Gefühl hat, dass jeder noch so kleine Horrorfilm ein Remake bekommt, ist The Town That Dreaded Sundown erfrischend anders. Dies ist kein Remake des 1976er-Films, der hierzulande den Titel Der Umleger trägt, sondern vielmehr eine Art Sequel – und das sowohl in Hinblick auf die wahren Morde als auch die filmische Umsetzung. Selbst der Sohn des Regisseurs wird in die Geschichte eingebracht. Größer kann die Metaebene kaum sein.
Texarkana im Jahr 2013: Jedes Jahr wird der Film The Town That Dreaded Sundown gezeigt, der von den Morden des Phantoms, die Ende der 1940er stattfanden, handelt. Aber dieses Jahr ist es anders. Dieses Jahr taucht das Phantom wieder auf. Oder jemand, der in seine Fußstapfen tritt. Jamis Freund wird sein erstes Opfer, sie lässt er leben, mit der Warnung, alle an Mary zu erinnern. Aber wer ist Mary, wer ist das Phantom und wie kann man verhindern, dass es all die Morde nachstellt, die im Film aus dem Jahr 1976 gezeigt worden sind.

Der 1976er-Film ist heutzutage recht obskur, jedoch ein faszinierendes Stück Film, das mit dem dokumentarischen Ansatz arbeitet, wie ihn Jahre später David Fincher bei seinem Zodiac benutzt hat, aber zugleich die Mechanismen des Slasher-Kinos, wie es mit Freitag, der 13. populär wurde, vorwegnimmt. Alfonso Gomez-Rejons Film ist ein gänzlich anderes Biest, eine Slasher-True-Crime-Arthaus-Mixtur, die auf ganzer Linie hätte scheitern können, aber deren Einzelteile brillant ineinander übergehen. Das Ergebnis ist weit, weit mehr als die Summe seiner Teile.

The Town That Dreaded Sunlight funktioniert sowohl als Slasher-Film als auch als Crime-Mystery. Die Szenen mit dem Phantom, das nach Sonnenuntergang mordet, sind effektiv, aber auch mit Stil gestaltet. Gomez-Rejon setzt auf eine Farbdramaturgie, die zwar jedwedem Realitätsanspruch zuwiderläuft, aber unglaublich atmosphärisch ist. Die Verbindung zweier unterschiedlicher Erzählebenen funktioniert, der Film ist sowohl oberflächlich, als auch hintergründig spannend. Einerseits wird man von den typischen Slasher-Konventionen gepackt, andererseits rätselt man mit, wer der Killer sein könnte.

Der Film vermengt dabei Realität und Fiktion miteinander und dichtet Neues hinzu. Er nimmt die realen Morde als Ausgangslage, orientiert sich dann aber stärker an der Verfilmung. Das ist ein grandioser Schachzug, denn der 1976er-Film hat tatsächlich die Wahrnehmung des Falls um den niemals gefassten Phantom-Killer verändert. Er berief sich darauf, mit Ausnahme der Namen reale Ereignisse nachzubilden, hat das aber ganz gewaltig ausgeschmückt, was dann wiederum ins kollektive Bewusstsein überging. Der neue Film vermengt dies nun miteinander, er ist Kunst, die das Leben und die Fiktion imitiert, und dabei etwas ganz Neues erschafft.

Darum wird auch die Figur Charles B. Pierce Jr. eingeführt, der Sohn des Regisseurs des 1976er-Films. Eigentlich schade, dass er nicht vom echten Pierce gespielt wird, der zeitweise als Schauspieler tätig war. Aber Denis O’Hare, bekannt aus True Blood und American Horror Story, spielt ihn mit einer Mischung aus fiebrigem Eifer und fast überwältigender Obsession. Das macht ihn verdächtig, aber wer das Phantom ist, lässt sich nicht erraten. Es gibt keine Tipps und keine Hinweise, der Zuschauer tappt zusammen mit der Protagonistin im Dunkeln. Die Auflösung gerät vielleicht ein wenig zu konventionell, lebt aber zumindest vom Ungreifbaren, weil das Böse eben immer Rätsel aufgibt und Fragen zurückbleiben – wie eben auch im echten Fall der so genannten „Moonlight Murders“.

The Town That Dreaded Sundown ist dem Titel zum Trotz mehr als nur ein Remake. Ein cleverer Film, der das Original tatsächlich zitiert, wiederholt und erweitert, aber in einer Metafiction-Form, wie sie faszinierender nicht sein könnte.

Warte, bis es dunkel wird

In einer Zeit, in der man das Gefühl hat, dass jeder noch so kleine Horrorfilm ein Remake bekommt, ist „The Town That Dreaded Sunlight“ erfrischend anders. Dies ist kein Remake des 1976er-Films, der hierzulande den Titel „Der Umleger“ trägt, sondern vielmehr eine Art Sequel – und das sowohl in Hinblick auf die wahren Morde als auch die filmische Umsetzung. Selbst der Sohn des Regisseurs wird in die Geschichte eingebracht. Größer kann die Metaebene kaum sein.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen