Verratene Freunde

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Freitag, 15. März 2013, ARTE, 20:15 Uhr

Zwei Paare, vier Freunde, sechs Beziehungen — so lautet das kleine Einmaleins von Verratene Freunde. Die zwei Paare sind Peter und Christa Staude (Heino Ferch und Katja Riemann) sowie Andreas und Heike Rogel (Matthias Brandt und Barbara Auer). Doch auch untereinander unterhalten die vier Freunde mehr oder weniger intensive Beziehungen. Peter, zum Beispiel, der heimliche Star des Films wie des Quartetts, schläft vielleicht öfter mit Heike als mit seiner eigenen Frau.
Er ist die heimliche Hauptfigur im Ensemble, weil der Skandal, der die Story in Bewegung setzt, ihn zum Mittelpunkt hat, und weil der Film, der sich durch große Intensität auszeichnet, in seinem Haus beginnt und endet. Peter führt seine Gäste stolz durch den exklusiven Neubau, kurz bevor sich gleich in den ersten Minuten der Eklat entspinnt, den Christa lostritt, indem sie ihren Mann als „korrupten Typen“ bezeichnet und das große Haus, das sie mit ihm bewohnt, als finanziert aus Spenden, die eigentlich gänzlich anderen Zwecken zugedacht waren.

Tatsächlich geht es im Leben der Staudes längst nicht so klar und so geordnet zu, wie es das moderne und durchdesignte Haus suggeriert. Christa hat das Gefühl, ihr Leben in den Sand gesetzt zu haben, weil sie fast alles, was sie erreicht hat, ihrem Mann zu verdanken hat, der es gewohnt ist, sich die Befriedigung seiner Bedürfnisse schlicht zu erkaufen. „Weißt du, wie ich mir vorkomme?“ fragt sie Andreas und gibt gleich selbst die Antwort: „Wie so eine Oberschichtenschnalle, die von ihrem Mann eine Boutique gesponsert bekommt, damit sie sich ein bisschen selbst verwirklichen kann.“

Mehrmals geraten am teuren Esstisch das Verhalten und die Gespräche derart außer Kontrolle, dass man sich beinahe in einem Film des Surrealisten Luis Buñuel wähnt. Man betrachte mal Der diskrete Charme der Bourgeoisie / Le charme discret de la bourgeoisie zum Vergleich. Verratene Freunde bleibt jedoch ein Werk des Autors Daniel Nocke und des Regisseurs Stefan Krohmer, die bereits seit einem Dutzend Jahren und genauso vielen Produktionen ein festes Gespann bilden. Für den Fernsehfilm Ende der Saison erhielten sie 2002 den Adolf-Grimme-Preis, Sie haben Knut und Sommer ‚04 kamen in den Jahren 2003 bzw. 2006 in die Kinos.

Ihre zwölfte, sehenswerte Zusammenarbeit erzählt eine Geschichte abseits gewohnter Schemata und ist doch ganz charakteristisch für das Duo. Die Teamworx-Produktion im Auftrag vom SWR, WDR und Arte bietet ein hochklassig aufspielendes Ensemble in einem Vierpersonenstück, das kammerspielartiger wirkt als es tatsächlich ist, weil es so konzentriert und so dicht an den Akteuren bleibt, weil es in eine Welt der Empfänge und Zusammenkünfte bei Tisch führt und immer wieder in die Wohnräume der Paare Staude und Rogel zurückfindet. Es ist ein spannender Krimi, der ganz ohne Mord und Kommissar auskommt und der gleich mehrere Liebesgeschichten enthält, die er nie aus den Augen verliert.

Die Grundidee des Skripts, erklärt Daniel Nocke, sei die Frage gewesen, inwieweit sich die Einschätzung von Skandalösem verschiebe, je nachdem, ob es sich um einen Fall aus dem eigenen Freundeskreis handle oder um eine Meldung, mit der man nur durch die Medien konfrontiert sei. „Die handelnden Figuren des Films“, so Nocke, „sollten mit einer Frage konfrontiert werden, die nicht eindeutig zu beantworten ist“. Verratene Freunde gibt die komplexen Fragen nach den Erwartungen, die sich an eine Freundschaft knüpfen, an den einzelnen Zuschauer weiter und überlässt es ihm, sie für sich zu beantworten. Was dürfen Freunde, was können sie, was müssen sie — und wann sollten sie sich besser heraushalten aus dem Leben der Anderen?

Verratene Freunde

Zwei Paare, vier Freunde, sechs Beziehungen — so lautet das kleine Einmaleins von „Verratene Freunde“. Die zwei Paare sind Peter und Christa Staude (Heino Ferch und Katja Riemann) sowie Andreas und Heike Rogel (Matthias Brandt und Barbara Auer). Doch auch untereinander unterhalten die vier Freunde mehr oder weniger intensive Beziehungen. Peter, zum Beispiel, der heimliche Star des Films wie des Quartetts, schläft vielleicht öfter mit Heike als mit seiner eigenen Frau.
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