Ungezähmt - Von Mexiko bis Kanada

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Auf Mustangs durch den Westen Amerikas

Vier College-Absolventen aus Texas wollen auf die Probleme der wild lebenden Mustangs im Westen der USA aufmerksam machen. Die unter Artenschutz stehenden Tiere haben sich so stark vermehrt, dass sie das öffentliche Weideland gefährden. Deshalb müssen 50.000 Mustangs ihr Dasein in Gefangenschaft unter staatlicher Aufsicht fristen. Rancher, Cowboys und Pferdenarren dürfen diese Tiere adoptieren, aber es kostet Mühe, die Pferde an Menschen zu gewöhnen, sie gar einzureiten. Viele Menschen wissen auch einfach nicht, dass Mustangs viel robuster und widerstandsfähiger sind als Zuchtpferde. Ben Masters und seine drei Freunde adoptieren 16 Mustangs, trainieren einige Monate mit ihnen und brechen dann zu einem spektakulären Reit-Trip von Mexiko bis Kanada auf. Die Absicht, darüber einen Dokumentarfilm zu drehen, fand per Crowdfunding genug Unterstützer. Unter der Regie von Phillip Baribeau verbindet sich die Hommage an die Mustangs als Symbole der Wildwest-Freiheit mit einem Outdoor-Abenteuer, bei dem die Teilnehmer auch ihre persönlichen Grenzen austesten wollen.
Die 5000 Kilometer lange Reise, die fünf Monate dauern wird, beginnt im April 2013 im mexikanisch-amerikanischen Grenzgebiet. Sie führt durch frei zugängliches Gelände, also oft auch durch Trockengebiete und Bergregionen, die bei der Landbesiedelung von den Ranchern und Farmern verschmäht wurden. In erster Linie ist der Dokumentarfilm ein wunderbarer Bilderbogen dieser rauen Schönheit und Vielfalt des Westens. In Arizona schlängeln sich die Reiter in Wüstengelände an Kakteen vorbei, die ihnen gleich beweisen, dass sie unerfahrene Greenhorns sind: Die Stacheln verfangen sich haufenweise im Fell der Pferde und müssen mit der Zange entfernt werden. Dann geht es den Grand Canyon hinab auf einem schmalen Serpentinenpfad, immer haarscharf am Abgrund entlang. In Utah müssen die Männer ihre Pferde an der Leine einen Berg hinauf durch wegloses Gelände führen: Es erweist sich als viel steiler, als es Ben Masters bei der Planung der Route wusste. Schnee, dicke Hagelkörner, ein Waldbrandgebiet, Motocrossfahrer, vor denen einige Pferde die Flucht ergreifen: Es gibt viele Bewährungsproben, aber auf jede folgt wie zur Belohnung ein neues grandioses Panorama, zum Beispiel aus dem Yellowstone- und dem Glacier-Nationalpark.

Baribeau informiert mit Texteinblendungen und eingestreutem Filmmaterial über die Situation der Mustangs. Es kommen Behördenvertreter, Tierschützer, Rancher zu Wort, deren Meinungen zum Teil weit auseinanderliegen. Manche finden, man müsse eingreifen, um die frei lebenden Tiere in Dürrezeiten vor einem qualvollen Hungertod zu bewahren. Viehzüchter wollen nicht zulassen, dass ihre Rinderherden von öffentlichem Weideland verbannt werden, weil es kaum für die Mustangs reicht. Die zuständige Bundesbehörde erachtet einen Bestand von knapp 27.000 Wildpferden für angemessen, aber es gibt fast doppelt so viele. Dass viele Tiere eingefangen werden und ihr Leben in Gehegen und auf angemieteten Weideplätzen verbringen, finden Ben Masters und seine Freunde traurig. Ansonsten enthält sich der Film aber einer eigenen Meinung und beschränkt sich auf eine Gegenüberstellung der Argumente und Interessen.

Inszenatorisch wirkt die Mustang-Thematik jedoch aufgepfropft. Es gelingt dem Film nicht, sie plausibel mit dem Reisebericht zu verbinden. Je länger der Trip dauert, desto mehr generiert er Bilder galoppierender, biertrinkender Buddys mit Cowboyhüten. Sie haben Spaß, wenn sie nicht gerade das Wetter oder die Eintönigkeit der Wälder nervt. Wie sie sich mit ihrem Trip zur Cowboy- und Pioniertradition bekennen, macht einen Unterstützer aus der Vätergeneration so stolz, dass er ihnen ein selbst vorgetragenes Westernlied widmet. Aber die Selbsterfahrung bleibt enttäuschend banal, was den amateurhaften Eindruck des Filmprojekts verstärkt. Gruppenkonflikte flammen auf, weil Ben Masters als Initiator und Hauptorganisator der Reise dem einen oder anderen zu bestimmend ist. So bleibt am Ende außer den schönen Bildern die Erkenntnis, dass nicht jedes außergewöhnliche Abenteuer auch für die Allgemeinheit interessant sein muss.

Ungezähmt - Von Mexiko bis Kanada

Vier College-Absolventen aus Texas wollen auf die Probleme der wild lebenden Mustangs im Westen der USA aufmerksam machen. Die unter Artenschutz stehenden Tiere haben sich so stark vermehrt, dass sie das öffentliche Weideland gefährden. Deshalb müssen 50.000 Mustangs ihr Dasein in Gefangenschaft unter staatlicher Aufsicht fristen. Rancher, Cowboys und Pferdenarren dürfen diese Tiere adoptieren, aber es kostet Mühe, die Pferde an Menschen zu gewöhnen, sie gar einzureiten.
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Meinungen

Susanne Linnemann-Heuken · 01.05.2016

Wann läuft der Film mal abends?