Turbo - Kleine Schnecke, großer Traum

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Gib Gummi, Schnecke!

Wer in letzter Zeit häufiger in animierte Kinderfilme US-amerikanischer Herkunft geht, der kommt nicht umhin festzustellen, dass die Geschichte der neuen DreamWorks-Kreation schon recht auffällig an die beiden Teile der Cars-Reihe und an deren Spin-off Planes angelehnt ist. Stets steht ein Rennen im Mittelpunkt des Geschehens und zumindest bei Planes geht es ebenso wie bei Turbo um einen kleinen Helden, der erst seine eigenen Beschränkungen überwinden muss, um sich selbst seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen zu können. Bei so viel Formelhaftigkeit verwundert es kaum, dass Turbo – Kleine Schnecke, großer Traum zwar durchaus einigen Unterhaltungswert (vor allem für kleinere Kinobesucher) besitzt, Erwachsene sich aber aufgrund der Vorhersehbarkeit der Geschichte eher langweilen dürften.
Turbo ist eine ganz gewöhnliche Gartenschnecke in einem ganz normalen Vorgarten einer ganz normalen kleinen Stadt – und vielleicht ist es gerade diese Normalität, die Routine des arbeitsamen Alltags, die das Kriechtier nervt. Insgeheim träumt Turbo davon, eines Tages als Rennfahrer beim Autorennen von Indianapolis teilzunehmen, um dort gegen sein großes Vorbild Guy Gagné anzutreten – ein Wunsch, der jedoch bei den lieben Kollegen und seinem Bruder Chet auf wenig Verständnis stößt. Denn leider sind Schnecken eben nicht gerade für ihre Schnelligkeit bekannt und so scheint dieser Traum auf ewig unerreichbar zu sein — bis Turbo eines Tages in den Lachgastank eines Motors gerät und fortan Superkräfte entwickelt, die es ihn mit jedem Rennwagen aufnehmen lassen. Doch bevor es damit gut gerüstet nach Indianapolis geht, gerät die schnelle Schnecke an den Taco-Stand von Tito und Angelo, wo er sich mit anderen Rennschnecken messen soll. Natürlich bleiben Turbos Wunderkräfte nicht lange verborgen und so kommt der kleine Held seinem Ziel immer näher.

Die gegensätzliche Charakterisierung von Turbo und Chet kennt man so ähnlich bereits aus Ratatouille, die schlicht gebaute Spannungskurve ist wie gesagt eng angelehnt an den dramaturgischen Spannungsbogen aus Cars und Planes, das Design der unterschiedlichen Charaktere orientiert sich offensichtlich mehr an der kommerziellen Verwertbarkeit als daran, die Herzen des kindlichen Publikums zu erobern – selten sahen Figuren in Animationsfilmen ihrer Zweitverwertung als Beigabe zu den Kindermenüs bekannter Fast-Food-Ketten schon von Beginn an so ähnlich wie hier.

Alle diese Faktoren machen es schwer, in Turbo – Kleine Schnecke, großer Traum sehr viel mehr zu sehen als ein am Reißbrett und mit dem Taschenrechner exakt durchkalkuliertes Produkt, das vor allem auf Gewinnmaximierung schielt. Ganz selten nur erlaubt sich der Film kleine Widerhaken, die immerhin für einen kurzen Moment der Überraschung sorgen – wie etwa der hübsche Einfall, das eigentlich recht geruhsame und langweilige Leben der gemeinen Gartenschnecken durch gefräßige Krähen zu gefährden. Leider aber scheint es so, als habe selbst hier die Marketingabteilung die Finger im Spiel gehabt, denn das etwas makabere Spiel mit den Grausamkeiten von Mutter Natur fällt schnell unter den Tisch, bevor die kindliche Zuschauerschar merkt, dass es hier um Leben und Tod geht.

So sind es vor allem die Dialoge und weniger die Plot-Ideen, die den Reiz dieses Films ausmachen. Besonders stark sind dabei vor allem jene Szenen im Mittelteil des Films, der am Taco-Stand von Tito und Angelo spielt – hier nimmt der Film erst so richtig Fahrt auf, was vor allem in der Originalfassung dank bekannter Sprecher wie Samuel L. Jackson, Snoop Dogg und Paul Giamatti gut zur Geltung kommt.

In den USA ist es mittlerweile üblich, dass die teuren Animationsproduktionen trotz scheinbar pädagogisch wertvoller Inhalte deutlich auch auf die erwachsene Zielgruppe schielen – immerhin sind es die Eltern, die ihre lieben Kleinen in die Kinos begleiten und die später die angekoppelten Produkte rund um die Figuren aus dem Film kaufen sollen. Obwohl Turbo zumindest auf den ersten Blick als kindlicher erscheint, ist die Tendenz der Ausweitung der Zielgruppe auch hier deutlich spürbar – nur dass sie in diesem Fall weniger gut gelingt als beispielsweise in den Filmen der Pixar-Konkurrenz, die nach wie vor das Maß aller Dinge in Sachen US-Animationskino darstellt. Daran wird auch die Schnecke mit dem rasanten Antritt nichts ändern; Cars 2 allerdings lässt Turbo locker hinter sich. Das ist immerhin schon mal ein kleiner Erfolg, den der Film für sich verbuchen kann.

Turbo - Kleine Schnecke, großer Traum

Wer in letzter Zeit häufiger in animierte Kinderfilme US-amerikanischer Herkunft geht, der kommt nicht umhin festzustellen, dass die Geschichte der neuen DreamWorks-Kreation schon recht auffällig an die beiden Teile der „Cars“-Reihe und an deren Spin-off „Planes“ angelehnt ist.
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