True Love Ways

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Zwischen Traum und Trauma

Die Darsteller in diesem Film sind nicht überragend; die Ausstattung sichtlich vom kleinen Budget bestimmt; manche Ideen sind überambitioniert, manche Effekte sogar lächerlich, und die Handlung ist bestimmt von den Klischees des Horror-Backwoods-Slasher-Films. Das macht aber eigentlich nicht viel aus: denn der ganze Film hat einen eigenen Pulp-Charme, und das latent bis akut Trashige erscheint fast als bewusstes Stilmittel.
Séverine und ihr Freund Tom in der gemeinsamen Wohnung, Langeweile, und ein Traum von einem Ritter in weißem Cabrio, dessentwegen sie ihren Tom nicht mehr lieben kann. Ein Nachmittag im Park, sonnenbebrillte Herren scheinen sie zu beobachten, ein starrendes Mädchen im Rollstuhl: Merkwürdigkeiten, die sich scheinbar in Normalität auflösen, trotzdem Séverine zweifelnd – und den Zuschauer ahnend – hinterlassen. In einer Bar dann begegnet Tom einem netten Herrn mit einem großen Plan, sie wiederzugewinnen: Tom soll den Helden spielen bei einem inszenierten Überfall, aber da wissen wir schon, dass Séverine per Videokamera ausspioniert wird, und im Fernsehen haben wir mit ihr eine Diskussion über Snuff-Videos mitbekommen…

Wir geraten in ein Herrenhaus im Wald, eine Schönheitskönigin wird vergewaltigt und ermordet vor der und für die Kamera, und der Polizeichef ist Teil dieses Snuff-Rings; keine Sicherheit, nirgends. Séverine, das designierte nächste Opfer, versteckt sich unterm Bett; dann unterm Tisch hinter langen Tischtüchern; und sie wächst an der tödlichen Bedrohung. Trickst die Gangster aus, schlägt zurück; und das ist schön inszeniert, mit feinen Ideen, vom Tonmann des Snuff-Teams, der mit seinem Mikrophon durchs Haus lauscht auf der Suche nach dem geflohenen Opfer, mit einem geheimnisvollen Märchenbrunnen im Wald… In diesem Teil des Films steckt viel Kraft, es macht richtig Spaß, weil effektvoll mit dem Genre umgegangen wird, ernsthaft, aber nicht verbissen. Und Regisseur Mathieu Seiler legt seinem Film einen schönen Retro-Charme unter, stellt neben Smartphones ein Wählscheibentelefon, nutzt schöne alte Autos – ein Käfer Cabrio! –; gedreht wurde in schwarz-weiß.

Im weiteren Verlauf der Jagd auf Séverine durch die Gangster und der Rache Séverines zerfranst der Film etwas, in den labyrinthischen Kellergängen stimmt die Raum-Topologie nicht mehr so wirklich, einmal übertreibt es Seiler richtig: Tom wurde getötet, und sie küsst den abgeschlagenen Kopf (sichtbar aus Gummi) tief mit Zunge, um dann… nun ja…; und eine Szene im Schnittraum der Snuff-Gangster erklärt uns nochmal alles, was wir schon wissen.

Das Ende dann verknüpft Märchen- und Traumhaftes, mit einem Sturzflug hinein in Séverines Kopf geraten wir in den Strudel, in dem der Film sich auch schon verfangen hat, zwischen großem Liebes-Happy End in Paris (!) und dem Verhängnis von Trauma und Traum.

True Love Ways

Die Darsteller in diesem Film sind nicht überragend; die Ausstattung sichtlich vom kleinen Budget bestimmt; manche Ideen sind überambitioniert, manche Effekte sogar lächerlich, und die Handlung ist bestimmt von den Klischees des Horror-Backwoods-Slasher-Films. Das macht aber eigentlich nicht viel aus: denn der ganze Film hat einen eigenen Pulp-Charme, und das latent bis akut Trashige erscheint fast als bewusstes Stilmittel.
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