Trip to Asia - Die Suche nach dem Einklang

Eine Filmkritik von Monika Sandmann

Dirigenten kommen und gehen, aber die Philharmoniker bleiben

Sir Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker sind in aller Munde. Nicht nur wegen ihrer Musik sondern auch wegen ihres sozialen Engagements. Vor vier Jahren setzten ihnen Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch mit ihrem preisgekrönten Film Rhythm is it! ein Denkmal. Das Sujet scheint die Filmemacher gefesselt zu haben. Während Sánchez Lansch in seinem Dokumentarfilm Das Reichsorchester (2007) in die Vergangenheit des philharmonischen Orchesters blickt, geht Grube mit ihnen auf Tournee: Bejing, Seoul, Shanghai, Hongkong, Taipei und Tokio heißen die Stationen. 126 Weltklasse-Musiker und ihr Star-Dirigent, begleitet von einem Filmteam.
Heraus kommt ein aufregender Trip to Asia, der die ganze Bandbreite an Gefühlen und Emotionen dieser Mammut-Tour einfängt. Die junge Piccolo-Spielerin, Virginie Reibel, ist noch zur Probe dabei. Doch die Arbeit fällt ihr nicht leicht. Die Kollegen kritisieren ihr Spiel und geben Tipps. Obwohl sie betonen, dass es nicht persönlich gegen Virginie gehe, ist die sich da nicht so sicher. Immer, zu jeder Probe, zu jeder Uhrzeit, seine Höchstleistung abzurufen, ist ein Stress, den nicht jeder aushält.
Dafür entschädigt die tobende Menschenmenge, die in Taipeh vor der Konzerthalle auf die Musiker wartet, für alle Qualen. Plötzlich steht man im Rampenlicht. Man wird geliebt. Man wird gemocht. Welch ein Genuss für eine von Minderwertigkeitsgefühlen geplagte Seele. Die Hornistin Sarah Willis erzählt davon: „Ich habe nie gespürt, dass ich irgendwo dazugehöre, bis ich anfing, mit dem Jugendorchester am Sonntag Abend zu proben.“ Ähnlich erging es Albrecht Mayer, der als Kind stotterte und unter den Hänseleien seiner Schulkameraden fürchterlich litt. Dann fand er die Musik und auf wundersame Weise eine neue Möglichkeit sich auszudrücken. Heute spielt er die Solo-Oboe und unterrichtet mit viel Witz und Humor chinesische Kids in der Masterclass.

Grube gelingt es, eine große Vertrautheit zwischen dem Filmteam und den Musikern herzustellen. Freimütig stülpen sie ihr Innerstes nach außen und zeigen dass das große Ganze, das Orchester, erst durch jeden Einzelnen zu wahrem Leben erwacht. Wie man sich in das Gefüge einordnet, ist für jeden Künstler aber ein Balanceakt. Die Bratschistin, Naoko Shimizu, muss sich da schon mal von ihrem Mann fragen lassen: „Warum gibst du dir soviel Mühe? Man hört dich gar nicht“.

Grube zeigt den Menschen hinter seinem Musikinstrument und lässt dabei ganz en passant eine Philosophie des Lebens abrollen. Talent ist schön gut, doch ohne das ständige Arbeiten an sich und seiner Kunst, ist Talent letztlich gar nichts. Wenn man sich nur noch um sich selbst dreht, dann hält man es mit Albrecht Mayers plausibler Erklärung: „Wir haben unser Leben lang an uns, mit uns gearbeitet. Wie soll man anders sein als egozentrisch“.

Neben der menschlichen Seite erzählt Grube auch eine Geschichte über Moderne und Tradition. Gegensätze, die zusammen ein wunderbares Konglomerat ergeben. Richard Strauss` Heldenleben und Beethovens Eroica gehören zum Repertoire genauso wie das zeitgenössische Stück Asyla von Thomas Adès. Auch wenn der ein oder andere Musiker den alten Zeiten unter Karajan nachhängt und „den Klang von damals noch im Ohr“ hat, geht das Leben und die Musikgeschichte doch weiter. Der permanente Wandel aber gehört zum Leben. Als pars pro toto steht dafür Asien: „Diese ungeheure Menge in Bewegung, eine Gesellschaft in permanenter Veränderung“, so Simon Rattle. Eine Gesellschaft, die beides in sich vereint: Tradition und Moderne.

Wie das Orchester operiert auch das Filmteam als große Gemeinschaft und stemmt im Zusammenspiel aller individuellen Fähigkeiten einen großartigen Dokumentarfilm. Die klassisch inszenierten Interviews, ein Musiker spricht direkt in die Kamera, wechseln mit Bildern der Tour und Bildern des magischen Asiens ab. Auf die Leinwand gezaubert werden sie von den Kameramännern Anthony Dod Mantle, René Dame, Alberto Venzago und Stefan Ciupek. Simon Stockhausen komponiert dazu einen gelungenen Soundtrack. Und so könnte man unter dem Strich noch einmal Simon Rattle zitieren: „Einklang ist es, wonach wir streben.“

Trip to Asia - Die Suche nach dem Einklang

Sir Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker sind in aller Munde. Nicht nur wegen ihrer Musik sondern auch wegen ihres sozialen Engagements. Vor vier Jahren setzten ihnen Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch mit ihrem preisgekrönten Film Rhythm is it! ein Denkmal.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Simon · 26.03.2008

...gegen Ende etwas langatmig, für Musiker ein Muss!

· 09.03.2008

Enttäuschend,
abgehakte Szenen,
zu wenig Probenszenen,

Anna · 28.02.2008

Ein wunderbarer Film !