Trans Bavaria

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Einfach mal filmen

Die niederbayerische Kleinstadt Abensberg ist dem Abiturienten Quirin (Marcel Despas) viel zu eng. Er will nach Moskau, wo Fidel Castro eine Rede halten wird, aber das ist vielleicht nur ein vorgeschobenes Motiv, um sich draußen einfach mal umzuschauen. Durch die Windschutzscheibe gefilmt, ziehen osteuropäische Landschaften vorbei, mit viel Grün, viel Regen und wenig Menschen. Quirin und seine treuen Freunde Joker (Lukas Schätzl) und Wursti (Johannes Damjantschitsch) lassen sich Zeit zur Kontemplation und inneren Auseinandersetzung mit der schöngeistigen Bildung ihrer jungen Jahre.
Für seinen Abschlussfilm Trans Bavaria an der Münchner Filmhochschule hatte Regisseur und Drehbuchautor Konstantin Ferstl zunächst Aussicht auf die übliche Spielfilmfinanzierung durch Filmförderung, Fernsehen und Produzenten. Aber daraus wurde dann doch nichts und das Projekt stand kurz vor Beginn der Dreharbeiten im Sommer 2010 vor dem Aus. Einfach mal filmen, wird sich Ferstl also gedacht haben. Crew und Darsteller verzichteten auf Gage und der zweistündige Spielfilm, nur mit Mitteln der Filmhochschule und privater Spender finanziert, gewann schließlich auf den Hofer Filmtagen 2011 den Bild-Kunst-Förderpreis Kostümbild. In der Begründung der Jury heißt es: „Der Mangel an Mitteln und der offensichtlich hohe persönliche Einsatz aller Beteiligten führen hier zu einem eigenwilligen, besonderen Stil, der Trans Bavaria seinen Charme verleiht.“

Solch einen Film sieht man wahrlich nicht alle Tage, in dem ein selbsternannter Linksrevolutionär im Teenie-Alter auf der Parkbank imaginäre Gespräche mit Che Guevara und Fidel Castro führt, die ihm raten, die Welt zu verändern. In seinen Off-Kommentaren deklamiert dieser Quirin ein munteres Gemisch aus Größenfantasien und humanistischer Gymnasialbildung, in der Geschichtswissen und eine Vorliebe für altertümlich anmutende Reime offenbar ganz hoch im Kurs stehen. Für ihre Fahrt nach Moskau im Metzgereitransporter von Wurstis Vater (Ottfried Fischer) haben die drei zur Orientierung dementsprechend eine Wandkarte des alten Römischen Reiches aus dem Schulunterricht dabei. Quirins Weisheiten prallen häufig am schnöden Pragmatismus seiner Kumpel ab, wobei die Dialoge im bayerischen Dialekt für humorvolle Erdung sorgen.

Vor Krakau wird eine Gruppe katholischer Mädchen aufgegabelt, die den Papst sehen wollen, in Russland strandet das Trio mit defektem Auto in einem Kloster, wo ein österreichischer Aussteiger namens Trotta (Eisi Gulp) haust. Aber sonst passiert relativ wenig, so dass die jungen Männer Zeit haben, den wachsenden Spannungen in der Gruppe nachzuspüren. Quirin sondert sich unverstanden ab, ohne so recht zu wissen, was er den anderen eigentlich zur Last legen soll. Kindheitserinnerungen manifestieren sich in kurzen Filmszenen oder Standbildern ebenso wie Tagträume, in denen sich Quirin zum Beispiel als Expeditionsreisender vergangener Zeiten sieht. Eher beiläufig wandeln sich seine Ansichten über die ungeliebte Heimat und die eigene Bestimmung. Ruhe steht in dieser Geschichte nicht im Widerspruch zu komischen Inhalten. Die Skurrilität und Naivität der Schulabsolventen wirken erfrischend, gerade weil die dramaturgische Choreografie keiner professionellen Routine zu gehorchen scheint. Es gibt in diesem verwilderten Garten einige visuelle und sprachliche Kostbarkeiten zu entdecken. Zum Beispiel tröstet der weitgereiste Trotta den Provinzflüchtling: „Sie ernten überall nur Hopfen, Quirinalis, überall wo du bist.“

Die drei jungen Laiendarsteller spielen eher statisch, deklamieren, sinnieren, kleben sich auch mal einen Bart an, wenn das Schlüpfen in eine Fantasiegestalt das erfordert. Ferstl, der wie Quirin in Abensberg aufwuchs, hat nach dem Abitur selbst die Welt bereist, bis nach Moskau und weiter. Dabei hat er, wie er im Presseheft sagt, vor allem Fragen über die eigene Identität gewälzt. Der Quirin, der heimkommt, hat jedenfalls erfahren, dass der Weg das Ziel ist. Und wenn ein Regisseur jung ist und kein Geld hat, aber viele Flausen im Kopf, macht er womöglich die Erfahrung, dass man seine künstlerische Freiheit nicht vorschnell vermeintlichen Sachzwängen opfern muss.

Trans Bavaria

Die niederbayerische Kleinstadt Abensberg ist dem Abiturienten Quirin (Marcel Despas) viel zu eng. Er will nach Moskau, wo Fidel Castro eine Rede halten wird, aber das ist vielleicht nur ein vorgeschobenes Motiv, um sich draußen einfach mal umzuschauen. Durch die Windschutzscheibe gefilmt, ziehen osteuropäische Landschaften vorbei, mit viel Grün, viel Regen und wenig Menschen.
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Meinungen

sige · 23.12.2012

"Grenzverkehr" nach dem Abitur.
Lustig, schön auch zum nachdenken.
kein Rosenmüller und kein Haindling was eigenes, Musik und Schnitt super gemacht.
der Dialekt wurde manchmal zu sehr der Schrift angepasst.

Jonas · 16.04.2012

So ein alberner Mist... Tiefgang konnte ich nicht erkennen. Humor wirkt hölzern und konstruiert, hab nicht einmal lachen können. Fand die Charaktere alle überzeichnet und richtig schlecht gespielt. Wieso soll man sich den Film anschauen? Und vor allem: Wieso -um alles in der der Welt- im Kino?

Marita · 05.03.2012

Der Film ist echt lustig, aber mit Tiefgang. Mal was anderes als die Künstlichkeit von Hollywood. Muss man gesehen haben.

Jörg · 04.03.2012

Super Film. Die Schauspieler wirken echt, manchmal etwas steif, aber das erhöht die Authentzitität. Störend ist manchmal die Tonqualität.
Der Film besticht durch sprühenden Ideenreichtum und Humor. Absolut empfehlenswert.