Trance - Gefährliche Erinnerung (2013)

Eine Filmkritik von Tomasz Kurianowicz

Zwischen Delirium, Wahn und Wirklichkeit

Manchmal kann die Erinnerung trügen. Wenn man genau nachdenkt und wichtige Momente des eigenen Lebens zu rekapitulieren versucht, dann weiß man manchmal nicht, ob man das, was man Leben nennt, wirklich gelebt, gefiebert oder einfach nur geträumt hat. In dem radikal-psychedelischen Film Trance — Gefährliche Erinnerung wird dieser Zwitterzustand auf doppelte Weise vorgeführt, da nicht nur die Handlung selbst von unsicheren Erinnerungen berichtet, sondern auch unsichere Erinnerungen als solche erschafft, so dass man als Zuschauer nach 90 Minuten dieses Experiments selbst nicht mehr so richtig weiß, ob man hier einen Film oder ein Delirium erlebt hat.

Eigentlich geht es um einen Kunstraub. Franck (Vincent Cassel) will ein teures Gemälde aus einer französischen Galerie stehlen, scheitert allerdings an seinem Kompagnon. Simon (James McAvoy) hat das Bild bei der Flucht anderweitig verstaut und sich aus dem Staub gemacht, so dass Franck mit leeren Händen dasteht und mit aller Macht den Verräter finden will. Als Franck endlich den ehemaligen Gangsterkollegen aufspürt und diesen zur Rede stellt, kann sich Simon an nichts mehr erinnern. Bei seiner Flucht hat ihn ein Auto angefahren, so dass er das Bewusstsein und zugleich seine Erinnerung verloren hat. Die Information über den Aufenthaltsort des millionenteuren Bildes ist also irgendwo im Unterbewusstsein von Simon tief versteckt. Frnack hat die Idee, die Psychologin Elizabeth (Rosario Dawson) zu engagieren, damit sie Simon hypnotisiert und diesen zwingt, preiszugeben, wo er das teure Bild verstaut hat. Im Laufe des Filmes werden verschiedene Rekonstruktionen des Raubes gezeigt, die alle so, aber auch ganz anders hätten passieren können.

Das ist die Rahmenhandlung. Doch wenn man dem Film gerecht werden will, muss man die Handlung nachrangig behandeln. Danny Boyle interessiert sich vielmehr für Erzählstrukturen, für vertrackte Handlungssalti, für verstörende Momente und narrative Halluzinationen, so dass sich der Zuschauer immer wieder aufs Neue fragen muss, ob das, was sich da vor seinen Augen ausbreitet, überhaupt wahr genannt werden darf oder nicht doch eher ein Traum ist. Anstatt einer Handlung bekommt man also immer wieder Suggestionen vorgeführt, die mal als korrekt, mal als inkorrekt entlarvt und dann schließlich vollkommen verrätselt werden. Das erinnert in den besten Momenten an Filme wie Memento, in den schlechtesten allerdings an manierierte Taschenspielertricks.

Man sollte das nicht falsch verstehen: Trance — Gefährliche Erinnerung ist durchaus ein sehenswerter und ein sehr ansprechender, experimenteller Film. Doch manchmal bekommt man den Eindruck, als ob sich Boyle vor allem austoben wollte und – anders als bei seinen Kinohits 127 Stunden oder Slumdog Millionaire – den Zuschauer aus den Augen verlor.

Trance — Gefährliche Erinnerung ist sicherlich eine Provokation für all jene Boyle-Fans, die einfach nur packend erzähltes Kino erwarten. Insofern muss man den Film eher als dunkle Ausgeburt eines ansonsten für grandiose Unterhaltung sorgenden Regisseurs verstehen. In den Presseberichten vorab ließ Boyle keinen Zweifel daran, dass Trance — Gefährliche Erinnerung so etwas ist wie das Negativ-Bild seiner anderen Projekte. Er hat den Film genau in jener Zeit gemacht, als er die Eröffnungsfeier für die Olympischen Spiele konzipierte. Was also an dunklen Momenten in seinen großen Kino-Erfolgen unterdrückt werden musste, kommt jetzt umso radikaler ans Tageslicht. Das wird nicht jedem Zuschauer gefallen. Überraschen wird es aber allemal.
 

Trance - Gefährliche Erinnerung (2013)

Manchmal kann die Erinnerung trügen. Wenn man genau nachdenkt und wichtige Momente des eigenen Lebens zu rekapitulieren versucht, dann weiß man manchmal nicht, ob man das, was man Leben nennt, wirklich gelebt, gefiebert oder einfach nur geträumt hat.

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