You'll Never Walk Alone

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ein Loblied auf die Popkultur

Vor jedem Heimspiel des Fußballvereins Borussia Dortmund erklingt im Stadion das Lied You’ll Never Walk Alone. Dann singen die Fans inbrünstig mit. Auch in anderen Stadien auf der ganzen Welt wird die gefühlige Melodie gerne angestimmt, obwohl ihr Text nicht vom runden Leder handelt. Er appelliert daran, den eigenen Weg in schwerer Zeit weiterzugehen und die Hoffnung nicht zu verlieren. Das klingt eher nach einem Musicalsong und tatsächlich stammt You’ll Never Walk Alone aus dem Musical Carousel, das 1945 am Broadway uraufgeführt wurde.
Wie aber konnte sich dieses Lied zur späteren Fußballhymne entwickeln? Der Dokumentarfilm von Regisseur André Schäfer (Herr von Bohlen) schickt den Schauspieler und Fußballfan Joachim Król auf Spurensuche. Sie verläuft nicht geradlinig, vielmehr ergeben die Erkenntnisse, die Król in Wien, Budapest, New York, Liverpool, Dortmund und an weiteren Stationen der Reise gewinnt, eine Art popkulturelles Schnittmuster. Die verblüffenden Fundstücke fügen sich zu einer sehr unterhaltsamen Geschichtsstunde, die bis ins Jahr 1909 zurückführt und in dieser ausführlich-aufschlussreichen Form nirgends nachgelesen werden kann.

Bevor der Film mit Król auf das Musical zu sprechen kommt, geht es erst einmal auf den Spuren des 1909 uraufgeführten Theaterstücks Liliom von Ferenc Molnár nach Wien und nach Budapest. Król lässt sich von Molnárs Enkel Matyas Sarkozi die Geschichte erzählen, wie der später wegen der Nazis nach New York emigrierte Großvater eher widerwillig die Zustimmung gab, daraus ein Musical entstehen zu lassen. Der Komponist Richard Rodgers und der Librettist Oscar Hammerstein schufen dafür auch das Lied You’ll Never Walk Alone, das natürlich ebenfalls in der Hollywoodverfilmung von 1956 vorkam. Diesen Film sah ein paar Jahre später in Liverpool Gerry Marsden von der Popband Gerry and the Pacemakers. In dieser Stadt gibt es bekanntlich auch einen traditionsreichen Fußballclub. Die Liebe zum Fußball und die Musikbegeisterung in der Beatles-Ära, sie mussten sich in dieser Stadt kurzschließen.

Schäfer und sein Weltenbummler Król interessieren sich für Anekdoten und Ausschmückungen am Rande, lassen sich dabei manchmal auch ablenken von der Ausgangsfrage. Aber ihre Beantwortung ist ja sowieso nicht durch ein Abklappern direkter Kausalitäten möglich. Hätte Gerry Marsden zum Beispiel nicht zufällig Carousel im Kino gesehen, weil er die Zeit bis zum nächsten Laurel-und-Hardy-Film überbrücken wollte, dann gäbe es heute wahrscheinlich diese Fußballhymne nicht. So wie Marsden erzählen im Film auch viele andere Interviewpartner, vom Balletttänzer Jacques d’Amboise bis zum Stadionsprecher des FC Liverpool, George Sephton, aus dem Leben gegriffene Details, die dem Ganzen erst die richtige Würze geben.

Der Film lässt sich auf visuelle Inspirationen ein, zeigt Ausschnitte aus Theateraufführungen und von Fußballspielen, streut immer wieder historisches Archivmaterial in Schwarz-Weiß ein. Aber vor allem sind es die persönlichen Geschichten, die ein vielschichtiges, reiches Porträt der Zeitläufe ergeben. Es zeigt, wie sich die Geschmäcker ändern können, sich aber auch international angleichen. Der Film führt sozusagen den Beweis, dass die Sprache der Musik und die Begeisterung für den Fußball universell sind. Je mehr sich die Spurensuche auf den Sport selbst einpendelt, umso lauter lässt der Film den Herzschlag des eingefleischten Fußballfans vernehmen, der für seinen Verein schwärmt. Es wäre trotzdem schade, wenn sich diejenigen, denen die Fußballleidenschaft eher fremd ist, diesen herrlichen, kosmopolitischen Streifzug durch die Popkultur entgehen ließen.

You'll Never Walk Alone

Vor jedem Heimspiel des Fußballvereins Borussia Dortmund erklingt im Stadion das Lied „You’ll Never Walk Alone“. Dann singen die Fans inbrünstig mit. Auch in anderen Stadien auf der ganzen Welt wird die gefühlige Melodie gerne angestimmt, obwohl ihr Text nicht vom runden Leder handelt. Er appelliert daran, den eigenen Weg in schwerer Zeit weiterzugehen und die Hoffnung nicht zu verlieren.
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