Wolverine: Weg des Kriegers

Eine Filmkritik von Lida Bach

Einzelkämpfer

„Du kannst nicht so tun, als ob keine Scheiße passiere, wenn sie passiert.“, knurrt der Titelcharakter von Wolverine: Weg des Kriegers. Vor dieser Tatsache steht auch der Zuschauer des zweiten Spin-Offs um den populärsten und wohl komplexesten Charakter der X-Men-Saga. Wolverine alias Logan (Hugh Jackman) muss im fernen Osten gleich mehrere irreguläre Operationen durchstehen. Doch den unangenehmsten Eingriff unternimmt Regisseur James Mangold. Er macht aus dem grimmigen Anti-Helden einen Super-Bodyguard, dem vor japanischen Sitten und jugendfreier Action kaum Zeit bleibt für Aggressionen und Animalismus.
Dabei bestimmt gerade diese amoralische Angriffslust Wolverines Temperament in Chris Claremonts und Frank Millers prägendem Comic. Er liefert die Vorlage des Drehbuchs, dessen Autoren Mark Bomback, Scott Frank und Christopher McQuarrie der Mini-Serie von 1982 erbarmungslos die Krallen amputiert. Das gleiche widerfährt Wolverine sinnbildlich während des ernüchternd vorhersehbar strukturierten Endkampfs. Sein Gegner soll augenscheinlich der aus der Heftvorlage bekannte Silver Samurai sein, aber da der eine abweichende Geschichte hat, ist der Riesenroboter vielleicht bloß ein übriggebliebener Mecha aus Pazific Rim. Gegenüber Guillermo del Toros Titanenschlacht hätte Mangolds Mutantenfilm das erbitterte Actionepos werden können, das der Originaltitel und die Poster-Art erhoffen lassen. Befasste sich Gavin Hood in X-Men Origins: Wolverine mit den Ereignissen vor der Trilogie, beginnt Wolverine: Weg des Kriegers nun nach deren Abschluss in Kanada mit Rauheit, Kälte und Zorn. Die verfliegen mit dem Aufbruch in das Reich der aufgehenden Sonne, wo Wolverines alter Bekannter Meister Yashida (Hal Yamanouchi) im Sterben liegt.

Begegnet waren sie einander einst in Nagasaki während des Atombombenabwurfs, dessen apokalyptische Zerstörungsgewalt für einen flüchtigen Moment einen Eindruck vom Fluch und Segen von Wolverines übermenschlichen Selbstheilungskräften gibt. Diese Fähigkeit bietet Yashida an auf sich zu nehmen, damit sein alter Freund ein normales Leben mit „einem gewöhnlichen Tod“ haben kann – und er selbst Unsterblichkeit. Wolverine zögert lange genug bis zur Beerdigung Yashidas, dessen Enkelin und Alleinerbin Mariko (Tao Okamoto) einen schier unverwundbaren Wachhund dringend nötig hat. Sie wird abwechselnd von der Yakuza, ihrem Kindheitsfreund und dessen Ninja-Klan und ihrem Vater entführt, da Kidnapping offenbar eine uralte, Ausländern unergründliche, Landessitte ist. So ähnlich argumentiert Mariko gegenüber Wolverine und der Plot gegenüber dem Zuschauer, wenn beide sich über die unlogischen Aktionen mancher Protagonisten wundern. In der Comicvorlage ergab das japanische Setting narratorischen Sinn; bei Mangold ist es nur Mittel zum Zweck, seinem blassen Bild des schillernden Hauptcharakters ein paar exotische Tupfer zu geben.

Eine Kung-Fu-Nummer von Marikos Adoptivschwester Yukio (Rila Fukushima), deren Figur zu einer Kreuzung aus Jubilee und Rogue vereinfacht ist, bleibt nicht das einzige Asia-Klischee. Von A wie Animé-Outfits bis Y wie Yakuza (von Zen kann bei dem Bogenschießen und Schwertschwingen keine Rede sein) pflastert den „Weg des Kriegers“ alles, was westlichen Touristen spontan zu Japan einfällt. Die Atombombe, Ninjas, Liebeshotels, der Bullettrain, Samurai und komplizierte Traditionen, die vorgeschoben werden, wenn die Handlungsmotivationen gänzlich unergründlich werden. Mehr trashig als reizvoll wirkt auch Yashidas giftige Assistentin Viper (Svetlana Khodchenkova), die ähnlich unergiebig verschlissen wird wie im ersten Spin-Off X-Men Origins: Wolverine Wraith, Bolt und Deadpool. Während neue Charaktere unterentwickelt bleiben, stören die Auftritte von Wolverines toter Liebe Jean Grey (Famke Janssen) mit plakativer Psychologie. Überzeugender sind die Anfangsszenen, in denen der einzelgängerische Mutant sich vor seinem Schmerz in eine Höhle verkrochen hat: kein verwildertes Tier, sondern ein Raubtier, das nie richtig zahm wurde.

Seine instinktive Wildheit wirkt verständlicher, als das „zivilisierte“ Töten aus Spaß, Kalkül oder Ehrbegriffen und wird womöglich im nächsten Teil der absehbaren Trilogie weniger domestiziert. Wie der Titelcharakter sagt: „Eine Menge Leute haben versucht mich zu töten, aber ich bin immer noch hier.“ Daran wird auch das eher schwache Filmkapitel in seiner Biografie nichts ändern.

Wolverine: Weg des Kriegers

„Du kannst nicht so tun, als ob keine Scheiße passiere, wenn sie passiert“, knurrt der Titelcharakter von „Wolverine: Weg des Kriegers“. Vor dieser Tatsache steht auch der Zuschauer des zweiten Spin-Offs um den populärsten und wohl komplexesten Charakter der „X-Men“-Saga.
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Meinungen

anononum · 18.08.2013

Der Film ist gut gemacht, ja sicher. Aber ist aber ansonsten der übliche Einheitsbrei, keine Überraschung. Großer Held und hübsche Frauen, haufen Krach-bum-action.
Wo ich wircklich erstaunt war ist die Altersbegrenzung, die ist, denke ich, zu niedrig angesetzt. Also ein 12 Jähriger muss sich nicht anschauen wie Wolverine der Bauch auf geschlitzt wird. FSK 16, meiner Meinung nach.