Wir kaufen einen Zoo

Eine Filmkritik von Tim Slagman

Familientherapie mit Bär und Tiger

Aufbruch, Tatkraft, Familie: In Cameron Crowes neuem Film verschmelzen die Kernelemente der amerikanischen (Kino-)Ideologie auf eine Art und Weise, die eigentlich niemanden mehr überraschen sollte, der sich mit den formelhafteren Beispielen der Hollywood-Produktion auskennt. Und dennoch ist Crowes Scheitern ein wenig enttäuschend – wenn man sich herausnehmen darf, das Abliefern eines vorhersehbaren, nicht unbedingt furchtbar schlechten, aber durch und durch durchschnittlichen Produktes so zu nennen.
Es ist enttäuschend, weil Crowe in Almost Famous schon einmal eine beinahe wahre Geschichte so sorgfältig, liebevoll und witzig erzählt hatte, dass zu hoffen war, auch Wir kaufen einen Zoo nach den Erlebnissen des Journalisten Benjamin Mee wäre aus einer derart intimen und gleichzeitig originellen Herangehensweise entstanden. Tatsächlich beginnt der Film vielversprechend, mit der souveränen Inszenierung des Alltags einer Familie, der noch unter dem Eindruck der Katastrophe steht: Nach dem Tod seiner Frau wächst Benjamin (Matt Damon) alles über den Kopf, zwischen der Erziehung der Kinder, der Haushaltsführung und seinem Beruf verzettelt er sich ein ums andere Mal. „Heute war hier viel zu tun“ sagt Benjamins kleine Tochter Rosie (Maggie Elizabeth Jones) seelenruhig zu ihrem Vater, bevor sie sich in einer vollgestellten, unaufgeräumten Küche das selbst geschmierte Marmeladenbrot zuklappt. Die Liebe der Mitglieder dieser Familie zueinander, so scheint es durch, hält alles gerade noch zusammen – auch wenn Benjamin sich zunehmend von seinem älteren Sohn Dylan (Colin Ford) entfremdet.

Also entschließt sich der Vater zu einem Neuanfang, schmeißt hin, was von seinem Job noch übrig war und sucht nach einem neuen Haus. Und Rosie verliebt sich unsterblich in ein Anwesen auf einem riesigen Grundstück – nur, dass außer den Mees hier noch Tiger, Bären, Pfauen und einige andere Tiere in einem stillgelegten Zoo leben. Verkauf oder Neueröffnung? Da, wo Vernunft und Gefühl, Vorsicht und Unternehmergeist aufeinanderprallen, gibt es im Kino natürlich nur eine Lösung – wobei Crowe sich anfänglich zu Recht auf die Dynamiken innerhalb der Familie Mee konzentriert, auf den Unwillen Dylans, sein gewohntes Umfeld hinter sich zu lassen etwa, und auf Benjamins Kampf mit den gänzlich neuen Aufgaben.

Sehr bodenständig und nah an den Figuren inszeniert Crowe diese Konflikte. Kaum Postkartenbildchen von glücklichen Tieren gibt es da zu sehen, und auch keine Totalen eines potenziellen Schlaraffenlandes für Jung und Alt. Denn der Zoo ist zunächst freilich nicht mehr als ein Flickwerk aus morschen Zäunen und rostigen Gehegen, das in Windeseile an die Ansprüche des arg karikaturhaft gezeichneten Anlageninspektors Ferris (John Michael Higgins) angepasst werden muss.

Also zwingt der Regisseur bald seine Handlung in konventionelle dramaturgische Bahnen. Aus dem orientierungslosen Laien Benjamin wird ein inspirierter Mann der Tat, der sich mit seinen Kindern zusammenrauft und in der ebenso zupackenden Pflegerin Kelly Foster (Scarlett Johansson) einen neuen „love interest“ findet. Und die Konflikte mit dem Inspektor, den Finanzen und sogar mit dem Wetter lösen sich schließlich in strahlendes Wohlgefallen auf.

Selbst seinen mahnenden Bruder Duncan (Thomas Haden Church) kann Benjamin am Ende überzeugen, einen Kofferraum voll Futter zu spendieren – dabei war Thomas Haden Church bis dahin so etwas wie der ironische, manchmal gar ein ganz klein wenig zynische Rettungsanker in einer sich stetig ausweitenden Pfütze aus Kitsch. Sein Duncan hat ein wenig Dandytum und viel Pragmatismus in sich, ein wenig Arroganz und viel Bodenständigkeit, und wenn er wieder einmal an seinem unvernünftigen Bruder verzweifelt, dann ist es keine Häme, die einen zum Lachen bringt, sondern ein Gefühl des Wiedererkennens. Wo Benjamin zum Helden der Arbeit mutiert, fühlt man sich eben dem Zauderer näher.

Wir kaufen einen Zoo

Aufbruch, Tatkraft, Familie: In Cameron Crowes neuem Film verschmelzen die Kernelemente der amerikanischen (Kino-)Ideologie auf eine Art und Weise, die eigentlich niemanden mehr überraschen sollte, der sich mit den formelhafteren Beispielen der Hollywood-Produktion auskennt.
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