Weltverbesserer auf dem Schlachtfeld

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Schlachtfeld Oberpfalz

Auf der Kuhwiese irgendwo im Nirgendwo knattern martialische irakische Flaggen einträchtig neben dem „Star Sprangled Banner“. Der Ort dieser bizarren Szenerie liegt im tiefsten Bayern, genauer in Grafenwöhr in der Oberpfalz, in unmittelbarer Nähe zu Tschechien. Hier fanden zu den Zeiten des Kalten Krieges unzählige Manöver statt, die dem Feind jenseits des Eisernen Vorhangs Respekt einflößen sollten – eine Tradition, die nun in Zeiten internationaler Konflikte in leicht veränderter Form weitergeführt wird. Denn in Grafenwöhr befindet sich das Trainingsgelände der US-Army, auf dem die jungen Gis auf Auslandseinsätze im Nahen und Mittleren Osten vorbereitet werden. Um möglichst realistische Settings für die Ausbildung zu inszenieren, bedarf es natürlich auch eines leibhaftigen „Feindes“ – den so genannten „Civilians on the Battlefield“ (C.O.B.s), die als Statisten für die Manöver fungieren. Üblicherweise sind es meist Studenten, die für einige Wochen in ihre zugewiesenen Identitäten als „Scheich“ oder „arabische Terroristen“ schlüpfen.
Teresina Moscatiello hat in ihrem Film Weltverbesserer auf dem Schlachtfeld / C.O.B. Civilians on the Battlefield vier dieser Kriegsstatisten interviewt und macht dabei manch erstaunliche Entdeckung. Denn zumindest zwei der Statisten entsprechen nicht gerade dem Bild, das man von einem Sparringspartner für das US-Militär erwarten würde. Da ist beispielsweise Bernhard, 31, der sich selbst als tief gläubigen Christen versteht, ein Mann, der selbstverständlich den Kriegsdienst verweigert und stattdessen Schwerstbehinderte betreut hat. Oder Florian, einige Jahre jünger und Musiker, der regelmäßig die Demos zum 1. Mai in Berlin besucht, um daran teilzunehmen. Sie sind in der Tat „Weltverbesserer“, doch ihre Haltung hat mit der Teilnahme an den Übungen der US-Army wenig zu tun, außer dass man endlich mal einen GI ungestraft beleidigen darf, wie einer der Teilnehmer bekennt. Für die meisten der Teilnehmer ist es ein Job wie jeder andere auch, leicht verdientes Geld an einem Arbeitsplatz, der an die Spiele der Kindertage erinnert. Dass die heiteren Cowboy- und Indianer-Spiele durchaus einen ernsten Hintergrund haben, zeigt sich spätestens dann, wenn der Film die Perspektive wechselt und von den „C.O.B.s“ zu den GIs wechselt, die die Kriegsspiele naturgemäß etwas ernster nehmen. Die Verschiebung des Blickwinkels funktioniert vor allem über die beiden weiblichen Statisten Lena und Anja, die beide mit US-Soldaten verheiratet sind und dementsprechend um die Ängste und Sorgen der GIs vor einer Versetzung in ein Krisengebiet wissen.

Teresina Moscatiello, eine gebürtige Süditalienerin, die im Saarland aufwuchs, hat ihren Film unter der dramaturgischen Beratung von Andres Veiel (Die Spielwütigen, Der Kick) an der dffb Berlin realisiert. Immer wieder gelingen der Regisseurin bemerkenswerte Passagen, deren entlarvende Elemente aber immer wieder durch tableauartige Inszenierungen zumindest gedämpft werden. Bisweilen wirkt der Film dadurch gewollt und ein wenig hüftsteif, es mangelt an Dynamik und erzählerischem Witz. Das aber, worum es eigentlich geht, die Manöver und ausgefeilten taktischen Trainings der US-Army, bleiben aus Gründen der Geheimhaltung weitgehend außen vor, so dass Weltverbesserer auf dem Schlachtfeld / C.O.B. Civilians on the Battlefield mitunter das selbst gewählte Thema nicht durchhalten kann und daher etwas inkonsistent wirkt.

Weltverbesserer auf dem Schlachtfeld

Auf der Kuhwiese irgendwo im Nirgendwo knattern martialische irakische Flaggen einträchtig neben dem „Star Sprangled Banner“.
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