Vineta

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Das Schicksal eines Workaholics

Hartz-IV, Arbeitslosigkeit und der Alltag der Unterschicht spielen immer wieder eine große Rolle im aktuellen deutschen Kino. Kein Wunder, schließlich sind das Themen öffentlicher Debatten und spiegeln die soziale Krise unseres Landes wider. Die Kehrseite der Medaille, also ein Zuviel an Arbeit und Arbeitssucht, wird dagegen selten im Kino thematisiert und erst recht nicht debattiert. Die Nachwuchsregisseurin Franziska Stünkel hat dieses Thema aufgegriffen und den grandiosen Film Vineta gedreht, der auf dem Theaterstück Republik Vineta von Moritz Rinke basiert. Stünkels Workaholic ist ein Architekt, aber es könnte genauso gut ein Investmentbanker, Kreativdirektor oder Unternehmensberater sein.
Der Film erzählt die Geschichte des herzkranken arbeitssüchtigen Stararchitekten Sebastian Färber (Peter Lohmeyer), der seine Nächte lieber am Schreibtisch als im Bett verbringt und dort nervös Walnuss knackend seine Entwürfe für spektakuläre Bauvorhaben zeichnet. Die bringen ihm zwar hin und wieder eine tolle Auszeichnung ein, sind seiner Gesundheit aber alles andere als zuträglich. Auch seinem Büropartner entgeht das selbst zerstörerische Verhalten seines Kollegen nicht, noch dazu fürchtet dieser die zunehmend hohen Baukosten von Färbers aufwändigen Entwürfen. Doch Färber hört weder auf ihn noch auf seine Tochter Himalaya (Kristina Karst), die immer wieder versucht, ihren Vater zu mäßigen. Während einer Auftragsarbeit für ein Altenheim kollabiert er und wird ins Krankenhaus gebracht. Doch statt sich auszukurieren, nimmt er gleich den nächsten Auftrag an: den Entwurf einer Zukunftsstadt auf der Insel Vineta. Projektleiter ist ein gewisser Dr. Leonard (Ulrich Matthes), der für den Job ein mehrköpfiges Expertenteam zusammengestellt hat. Der Auftrag soll in einem Schloss auf einer einsamen Insel ausgeführt werden.

Färber wittert die große Chance. Als er auf der Insel ankommt, trifft er seine Mitstreiter: den zweiten Architekten Dr. Lutz Born (Justus von Dohnányi), der für Investoren zuständige Montag (Matthias Brandt), den Politiker Behrens (Helmut Krauss), den Experten Feldmann-See (Herbert Fux) und Dr. Leonards attraktive Assistentin Nina (Susanne Wolff). Färber arbeitet unermüdlich an seinem Konzept für die Insel. Bei seinen Mitstreitern stößt er auf Granit, doch Dr. Leonard unterstützt seine ungewöhnlichen Visionen. Es entstehen zwei sehr gegensätzliche Entwürfe der beiden Architekten, die immer mehr unter Druck gesetzt werden, bald vor einem potentiellen Bauherrn zu präsentieren. Während ununterbrochen gearbeitet wird, stellt sich das Gefühl ein, dass irgendetwas nicht stimmt auf dieser Insel. Montag macht Färber gegenüber Andeutungen, denen er erst nachgeht als dieser nach einer Partynacht ertrinkt. Mithilfe von Nina, Dr. Leonards Assistentin, gelingt es ihm, hinter die Kulissen des „Projektes“ zu blicken und letztendlich die ganze Wahrheit darüber zu erfahren.

Der arbeitssüchtige Architekt Färber wird wunderbar von Peter Lohmeyer verkörpert, dem die Rolle wie auf den Leib geschrieben zu scheint. Auch für die anderen Figuren wurde ein großartiges Schauspieler-Ensemble gecastet. Für so ein aktuelles Thema hat die Regisseurin genau den richtigen Stoff gefunden und so spannend inszeniert, dass man bis zum Ende neugierig auf die Auflösung wartet. Es ist ein sehr reifer Film, den uns Franziska Stünkel präsentiert, und vor allem deswegen beeindruckend, weil es ihr erster Langspielfilm ist.

Vineta war beim Filmfest Oldenburg der Eröffnungsfilm und beim Filmfest München in der Reihe Neues Deutsches Kino nominiert für den Förderpreis Deutscher Film. Außerdem wurde er auf Festivals in der ganzen Welt präsentiert, darunter das Internationale Filmfest Shanghai, das Split Film Festival und das Kalkutta Film Festival. Schön, dass er nun endlich auch in den heimischen Kinos gezeigt wird.

Vineta

Hartz-IV, Arbeitslosigkeit und der Alltag der Unterschicht spielen immer wieder eine große Rolle im aktuellen deutschen Kino. Kein Wunder, schließlich sind das Themen öffentlicher Debatten und spiegeln die soziale Krise unseres Landes wider.
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Meinungen

Thomas Schwedhelm · 12.08.2021

Der Film Vineta war/ist in keinster Weise eine dünne unglaubwürdige Geschichte. Das Theaterstück von Moritz Rinke ist lediglich eine Vorgabe. Ein Film ist in den meisten Fällen fiktional erzählt und kann nie in vollem Umfang die Vorlagen eines Buches oder Theaterstückes wiedergeben. Dies schreibe ich nicht nur, weil ich als Mitwirkender in dem Film dabei war, sondern weil es einfach nicht fair ist, so über diesen Film zu urteilen. Die Szene mit den Flamingos wurde im Zoo Hannover gedreht. Es soll den Herdentrieb des Menschen ausdrücken. Alleine bist Du nichts. Diese Szene wurde, auch aus Gründen des Tierschutzes, nur einmal gedreht. Die Flamingos wurden morgens aus dem Nachtquartier in das Freigelände entlassen. Das tote Tier wurde nicht für den Film getötet sondern ist eines natürlichen Todes gestorben. Es sollte lediglich sympolisieren, daß man allein eingeht aber auch durch den Erfolgsdruck der Gesellschaft untergehen kann. Also lieber vorher nachdenken, hinterfragen, warum und weshalb etwas so gemacht wurde! Im Übrigen kann Franziska auch sehr gut Dokumentarfilme drehen (Tag der Norddeutschen). Evtl. kann ich sie ja mal für eine Doku bei unserer Bundeskaninchenschau gewinnen. Das wäre dann natürlich irgendwie auch ein Tierfilm!

Liebe Grüße und bleibt gesund in dieser verrückten Zeit!
Thomas "Der Schwede" Schwedhelm

matberlin · 14.05.2010

Was für ein dünne unglaubwürdige Geschichte mit pseudo aufgeladennen Kunstkitschbildern.Da fehlt das Absurde und der Mut zur eigentlichen Geschichte, wie sie das Theaterstück vorgibt. Es hätte vielleicht besser ein Tierfilm werden sollen -das Leben der Flamingos-peinlich!... oder Bierwerbung-keine Staus-keine Handys...schade um das schöne Geld.

· 13.04.2008

wunderschöne methaper zu beginn, geschichte gut nachvollziehbar, traumhafte musik