Viertelmonat

Eine Filmkritik von Jean Mikhail

Auf der Suche

Sie wollte vor ihren Problemen weglaufen, nach Schweden, ohne Vorankündigung — aber die Probleme kamen einfach mit. Also kehrt Martha zu Beginn von Viertelmonat wieder heim nach Berlin und versucht, in ihr altes Leben zurückzufinden. Doch in ihrer Abwesenheit hat sich so manches geändert: Obwohl sie weiterhin die Miete zahlte, wohnt in ihrem WG-Zimmer mittlerweile Erik, der Freund ihrer Mitbewohnerin Elisa (Saskia Inken Rutner). Das Weiterstudieren ist auch nicht mehr so einfach, ähnlich wie die Beziehung zu ihrer ehemals großen Liebe Jonas (Harald Geil).
Der erste Spielfilm von Katharina Antonia Popov, Regisseurin und Drehbuchautorin zugleich, ist im Kern ein komödiantisches Zeit- und Szeneportrait von Frauen um die 30 in Berlin. Ein Ausschnitt ihrer Leben, einen titelgebenden Viertelmonat lang — also eine gute Woche — inspiriert von realen Begebenheiten, Erlebnissen und Erzählungen in Popovs Leben und Umfeld. Dabei wird eine Vielzahl von Themen angeschnitten: Von WG-Castings und Bürokratie-Wahnsinn bei der Arbeitsagentur über die prekäre Jobsuche und abgedrehte Literaten hin zu Lebens- und Liebesentwürfen und (Ex-)Beziehungen.

Die Charaktere, allen voran die etwas verträumt-komplizierte Martha mit der Vorliebe für Theatermusik, sind dabei vor allem auf der Suche: Nach einem Job, Glück in der Liebe, einer Wohnung und ganz allgemein einfach einem Platz im Leben. Herauszufinden, was Frau wirklich will, ist dabei aber gar nicht so einfach und das wiederum kein Wunder, wenn doch selbst Marthas Mutter Heidi mit Mitte Fünfzig das für sich immer noch nicht in Erfahrung gebracht hat und der Tochter damit natürlich auch ein Vorbild fehlt.

Einige Szenen sind wirklich witzig und charmant und Popov beweist einen guten Blick für Situationskomik. Auch filmisch packt sie manchen Kniff aus, wie beispielsweise eine Parallelmontage von Gesprächen zwischen Elisa und Martha mit ihren jeweiligen Männern. Als Gesamtwerk aber ist Viertelmonat nicht ganz rund und damit ein bisschen wie seine Hauptfigur: Irgendwo liebenswert, aber auch ein wenig unfokussiert. Sie wissen beide nicht ganz genau, was sie wollen, sind etwas chaotisch, geraten immer wieder auf Nebenwege und begegnen aus heiterem Himmel Menschen, die auf den ersten Blick keine allzu wichtige Rolle zu spielen scheinen. Wobei letzteres auch wieder authentisch ist, denn so sieht es ja auch aus im Leben von Martha, Elisa, ihrer Freundin Jolly und vieler Zuschauer: Ein Nebenstrang nach dem nächsten, eine Nebenfigur nach der anderen taucht einfach auf, ob gefragt bzw. passend oder nicht. Wirklich langweilig wird es selten. Ob für den Zuschauer oder die Hauptfiguren.

Auch die Schauspielerinnen überzeugen großteils. Einzelne Szenen sind zwar etwas holprig geraten, doch insgesamt überzeugt der Film durch seine Natürlichkeit. Theresa Tripp lässt ihre Figur der Martha sympathisch und anstrengend zugleich wirken, anziehend und abstoßend, selbstsicher und doch verloren. Der heimliche Star von Viertelmonat ist aber Saskia Inken Rutner als Elisa, welche einige Male durch sehr treffende Mimik und Betonung heraussticht. Schwerer hat es da Stephanie Blass, deren Figur der Jolly überzeichnet und zu eindimensional geraten ist.

Insgesamt ist Katharina Popov ein solider Erstlingsfilm gelungen, der ganz gute Unterhaltung bietet, ohne allzu sehr herauszustechen oder nachzuwirken. Komposition und Drehbuch lassen aber Potential erkennen.

Viertelmonat

Sie wollte vor ihren Problemen weglaufen, nach Schweden, ohne Vorankündigung — aber die Probleme kamen einfach mit. Also kehrt Martha zu Beginn von „Viertelmonat“ wieder heim nach Berlin und versucht, in ihr altes Leben zurückzufinden. Doch in ihrer Abwesenheit hat sich so manches geändert.
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