Unter Frauen

Eine Filmkritik von Holger Lodahl

Zu viele Frauen sind auch nicht der Himmel

Wie sieht eine Welt aus, in der es ausschließlich Frauen gibt? Eine Welt mit Feuerwehrfrauen, Rugby-Spielerinnen und Straßenbauarbeiterinnen? Eine Welt, in der nicht einmal Kater, sondern einzig Katzen leben? In so eine Welt fällt Super-Macho Alex (Sebastian Ströbel) in der Filmkomödie Unter Frauen.
Bevor Alex auf dieses männerlose Leben trifft, ist er Geschäftsführer in einem Autohaus und platzt fast vor Arroganz. Er hat mehrere Affären gleichzeitig, wichtig sind ihm teure Autos, gute Kleidung und seine Karriere. Frauen nimmt er nur ernst, wenn er sie flachlegen kann. Aber seine Glückssträhne endet. Schuld sind die Frauen, denkt er. Weil er sie nicht ernst nimmt, verliert er fast seinen Job. Kein Wunder, dass Alex etwas ungehalten wird. Fast im Vorbeigehen feuert er Putzfrau Anni (Grit Boettcher), dann rempelt er rüde die schüchterne Paula (Alexandra Neldel) an, und er verliert den Überblick bei seinen Verabredungen mit seinen Liebsten. Das lassen sich die betrogenen Geliebten Inga (Collien Ulmen-Fernandes), Sandra (Emilia Schüle) und Bettina (Katharina Abt) nicht gefallen. Sie verwüsten seine Wohnung. Dass sie auch den Gashahn aufgedreht haben, kann Alex nicht wissen, als er sich eine Zigarre anzündet. Mit einem lauten Knall landet Alex in einer Welt, in der er ganz allein „Unter Frauen“ ist. Alex merkt schnell, dass ein Himmel voller Frauen selbst für ihn als Frauenheld nicht die Erfüllung ist. Er will zurück in sein altes Leben. Aber wie?

Hansjörg Thurn ist Regisseur einiger erfolgreicher TV-Filme. Die Rache der Wanderhure, Beate Uhse – Das Recht auf Liebe und Barfuß bis zum Hals gehen auf sein Konto. Unter Frauen ist seine erste Kino-Produktion. Vor allem in der ersten Hälfte der Komödie ist deutlich, dass Thurn der Sprung vom Fernsehen ins Kino nicht immer gelingt. Die Geschichte ist arm an originellen Ideen und vorhersehbar. Zu platt ist der Einfall, Fahri Yardim als besten Freund von Alex mit strähnigen Haaren und Plastikbrille auszustatten, um ihn als verklemmten Gegenpart des Machos darzustellen. Noch platter, Yardim im zweiten Teil des Films mit Rock und Stöckelschuhen nicht mehr Freund, sondern Freundin spielen zu lassen. Zu aufgesetzt wirkt es, Alex in einer Rückblende als Knirps zu zeigen, der von einem Mädchen als Zeichen ihrer Zuneigung ein Armband bekommt und dieses im Lauf der Filmhandlung immer wieder ins Bild zu setzten — schließlich soll wirklich jeder Zuschauer erkennen, dass Alex und Paula für einander bestimmt sind. Dass Unter Frauen nicht über TV-Niveau herauskommt, liegt auch an der Wahl der Hauptdarsteller. Thurn besetzte die Rollen mit Schauspielern, die zwar bei den privaten TV-Sendern Erfolge haben, auf der Kino-Leinwand jedoch kaum zu sehen waren. Vielleicht hat es sich Thurn damit zu leicht gemacht. Alexandra Neldel verkörpert Paula etwas zu klischeehaft schüchtern. Sebastian Ströbels Macho-Gehabe wirkt aufgesetzt und unglaubwürdig. Nebenrollen bleiben dünne Staffage. Sogar Nina Petri (Die tödliche Maria, Emmas Glück) taucht nur als Karikatur gewordene Chefin Cornelia Berger auf, die vor Alex‘ Reise in die Frauenwelt noch Cornelius hieß und von Martin Brambach (für Barfuß bis zum Hals nominiert als Bester Darsteller für den Deutschen Fernsehpreis), dargestellt wird.

Aber da ist ja noch Grit Boettcher. Der 74-jährigen die Rolle der Anni zu geben und ihr zudem viel Platz in Unter Frauen einzuräumen, ist die beste Idee des Regisseurs. Anni ist nicht nur die von Alex entlassene Putzfrau, sondern auch die Großmutter von Paula. Nach Alex‘ unfreiwilligem Schubs in die Parallelwelt voller Frauen glaubt er, nur mit Paulas Liebe wieder in sein altes Leben zurückkehren zu können. Paulas Aufmerksamkeit versucht er über Anni zu bekommen, die bei Paula wohnt und inzwischen dement ist. Die Krankheit verbindet Anni und Alex. Genau wie er ist Anni in einer Welt, in der sie sich nicht mehr zurechtfindet und die zunehmend für die Seniorin bedrohlicher wird. Grit Boettcher spielt die vergessliche Anni nicht als lustige Oma am Rande. Boettcher macht aus ihrer Rolle mit wenigen Sätzen und einer ausdrucksstarken Mimik eine berührende Figur, die viele schauspielerische Schwächen ihrer Kollegen verzeihen lässt. Boettchers geschickt eingesetzten Blicken, Worten und Gesten ist es zu verdanken, dass Unter Frauen nicht in oberflächlichen Albernheiten untergeht.

Unter Frauen

Wie sieht eine Welt aus, in der es ausschließlich Frauen gibt? Eine Welt mit Feuerwehrfrauen, Rugby-Spielerinnen und Straßenbauarbeiterinnen? Eine Welt, in der nicht einmal Kater, sondern einzig Katzen leben? In so eine Welt fällt Super-Macho Alex (Sebastian Ströbel) in der Filmkomödie „Unter Frauen“.
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