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„Unsere Erde 2“ erzählt einen Tag im Leben unseres Planeten und lässt die Zuschauer*innen mit der Frage zurück, wer eigentlich entschieden hat, dass wir schon wieder Pandas und Pinguine sehen wollen.

Unsere Erde 2 (2018)

Eine Filmkritik von Lucia Wiedergrün

Unsere kleine Erde

11 Jahre nach Unsere Erde startet nun Unsere Erde 2 in den deutschen Kinos. Während im ersten Teil, der bis heute in Deutschland zu den finanziell erfolgreichsten Naturdokumentarfilmen gehört, der Lebenskreislauf eines ganzen Jahres und die damit verbundenen klimatischen Verschiebungen auf dem Planeten im Fokus standen, beschränkt sich der zweite Teil auf den Ablauf eines einzigen Tages.

Frühmorgens beginnend folgt der Film verschiedenen Tieren bei ihren täglichen Routinen. Er begleitet zwei Giraffenbullen bei ihrem Duell in der sengende Mittagshitze, Pinguine auf ihrem nachmittäglichen Heimweg aus dem Meer ans Land und die biolumineszente Lichtshow, mit der die Glühwürmchen in der Nacht versuchen, Partner anzuziehen.

In all jenen großen Naturdokumentarfilmen, in denen nicht wie in Reise der Pinguine die Tiere selber zu Wort kommen, ist die Frage nach der Synchronbesetzung von größter Bedeutung. Dabei werden in der Regel möglichst autoritätsstiftende Sprecher*innen gewählt. Tiefe, weiche, angenehme, häufig männliche Stimmen scheinen besonderes geeignet, um die Gravitas des Themas zu vermitteln. Einen solchen Film vertonen zu dürfen, ist immer auch eine Auszeichnung, es wird gewissermaßen die gesellschaftspolitische Stimme der Vernunft verliehen. In der deutschen Synchronfassung von Unsere Erde 2 ist es nun an Günther Jauch, diese Aufgabe zu übernehmen, die in der englischsprachigen Fassung von Robert Redford ausgefüllt wird. Jauch vermittelt ein solides Grundvertrauen und das Gefühl, sich in sicheren Händen zu befinden. Er ist eine sichere und damit die paradigmatische Wahl für einen Film, der in erster Linie solide zu nennen ist.

Die Bilder sind verlässlich in ihrer vorhersehbaren Schönheit, die darüber gesprochenen Floskeln über den ewigen Kreislauf des Lebens sind längst aus diversen anderen Filmen und nicht zuletzt dem ersten Teil bekannt. Selbst die Auswahl der gezeigten Tiere folgt bekannten Konventionen. Zu den Stars des Genres – Pandas, Pinguine, Zebras und Pottwale – gesellen sich nur wenige andere Spezies. Viele der Bilder wirken so glatt, dass sie fast am Auge abzuprallen scheinen, und unwillkürlich drängt sich das Gefühl auf, einem besonders langen Bildschirmschoner zuzuschauen.

Durchbrochen wird dieses Gefühl der gähnenden Langeweile nur in den Momenten, in denen sich der Film vom Versuch der ästhetischen Überwältigungsrethorik löst, die im ersten Teil noch erfolgreich war, hier aber Abnutzungserscheinungen aufweist. Stattdessen bedient er sich an Formen des Genrekinos: So ist beispielweise der erwähnte Kampf zweier Giraffenbullen ein echtes Highlight. Angereichert mit Soundeffekten und leichten Slow-Motion-Aufnahmen scheint es den Film für einen Moment in eine Paarhufer-Matrix-Version zu verschlagen. Ähnlich spektakulär ist eine Sequenz, die als spannende Verfolgungsjagd den Überlebenskampf der frisch geschlüpften Meerechsen-Babys zeigt, die sich vor den lauernden Schlangen in Sicherheit zu bringen versuchen. Schnell geschnitten und mit der passenden Musik unterlegt, entsteht eine spannende Sequenz, in der man tatsächlich die Fingernägel im Sitz versenken kann.

Leider bleibt es mit diesen Szenen bei einzelnen Momenten und es entsteht das Gefühl einer Nummern-Revue. Das viel beschworene Gefühl der Tiefe und Weite des Planeten stellt sich dabei nie so richtig ein. Dies liegt nicht zuletzt an der Irritation, dass die Sonne in dieser Version der Erde offenbar zu jeder Stunde den gleichen Stand hat, egal, wo auf dem Planeten man sich gerade befindet.

Unsere Erde 2 scheint an vielen Stellen die abgespeckte Variante des monumentalen ersten Teils zu sein. Der Film schafft es dabei leider nicht, aus seinem bescheideneren Ansatz Vorteile zu ziehen. Er erinnert eher an einen Zoospaziergang, bei dem man langsam schlendernd und ohne sich aus der eigenen Komfortzone begeben zu müssen mehr oder weniger interessierte Blicke auf bereits bekannte Tiere werfen kann. Jedes davon in seinem eigenen kleinen Käfig.

Unsere Erde 2 (2018)

Die Macher des Naturdokumentarfilms „Unsere Erde“ aus dem Jahr 2007 schließen knapp 10 Jahre später mit der Fortsetzung an den Erfolg an. Dafür hat sich die Crew der BBC wieder aufgemacht weltweit die zahlreichen Wunder der Pflanzen- und Tierwelt unseres einzigartigen Planeten einzufangen.

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