Unbroken

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Solide inszeniert

Für ihre zweite Regiearbeit nach dem kontroversen Berlinale-Beitrag In the Land of Blood and Honey über den Bosnien-Konflikt wählte Angelina Jolie die dramatische Biografie des Olympialäufers Louis Zamperini. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Sohn italienischer Einwanderer als Bombenschütze des Army Air Corps eingesetzt, wo er über dem Pazifik mit einer defekten Maschine abstürzte. Nach 47 Tagen als Schiffsbrüchiger im Schlauchboot führte sein Leidensweg in mehrere japanische Gefangenenlager, wo Louie ins Visier des sadistischen Kommandanten Watanabe geriet. Dass er sich nicht klein kriegen ließ, deutet schon der Titel Unbroken: Die unfassbare Lebensgeschichte des Louis Zamperini von Laura Hillenbrand an, die ebenfalls für das biografische Pferdedrama Seabiscuit – Mit dem Willen zum Erfolg die literarische Vorlage lieferte.
Adaptiert wurde der Stoff von mehreren hochkarätigen Namen wie Regisseur Richard LaGravanese (Beautiful Creatures – Eine unsterbliche Liebe), dem Dramatiker William Nicholson (Shadowlands) oder den Coen-Brüdern, die sich allesamt auf die Phase während des zweiten Weltkriegs konzentrierten. Für die Hauptrolle gewann man Jack O’Connell, der zuvor in dem herausragenden Gefängnisdrama Mauern der Gewalt / Starred Up bewies, dass er zerrissene Charaktere zu verkörpern versteht. Gerade das gelingt allerdings in Unbroken weniger, was man nicht O’Connells Präsenz anlasten kann. Stets schreckt er bei seinen Rollen nicht vor extremen Herausforderungen zurück, so wie man ihn hier als stark abgemagerten, zermürbten Schiffbrüchigen auf hoher See erleben kann.

Wirklich nahe kommt Angelina Jolie der Motivation und den inneren Kämpfen ihres Protagonisten gerade in Momenten extremer Entscheidungsfindung nicht. Durchaus perfekt beherrscht sie zwar bei der epischen Odyssee die Klaviatur des Hollywood-Melodrams. Mit einem dramatischen Luftkampf, der die permanente Gefahr für die Air Force Soldaten hervorhebt, steigt sie in Zamperinis Leidensgeschichte ein. Zwei längere nostalgische Rückblenden in die zwanziger und frühen dreißiger Jahre unterstreichen die Entwicklung des ungezähmten Rabauken vom kleinkriminellen Missetäter zum gefeierten Langstreckenläufer. Gerne hätte man noch weiteres über seinen Werdegang erfahren, doch Jolie belässt es bei diesem Prolog.

Stilsicher arbeitet sie mit Überblendungen, Detailaufnahmen und langen Kamerafahrten. Mit einigen reduzierten Einstellungen, etwa bei der japanischen Gefangennahme, beweist Kameramann Roger Deakins einen Blick für das Wesentliche. Doch häufiger setzen er und Jolie auf überwältigende Bilder. Ihr Kammerspiel auf offenem Meer, wo Zamperini zusammen mit seinen beiden überlebenden Kameraden Russell Phillips (Domnhall Gleeson) und Francis McNamara (Finn Wittrock) bei steten Haiattacken und japanischen Luftangriffen ums Überleben kämpft, fiel noch recht beeindruckend aus.

Weniger trifft dies auf die letzte Stunde über Louies Konfrontation mit seinem Gegenspieler zu, dem Lagerkommandanten Mutsuhiro Watanabe (Popsänger Miyavi), genannt „The Bird“. Aus Geltungssucht macht es sich der sadistische Schinder zur Aufgabe, besonders den Willen des US-Sporthelden zu brechen, was ihm auf Dauer nicht gelingt. Zur späten Versöhnung zwischen den beiden Widersachern nach dem Krieg sollte es nicht mehr kommen, da Watanabe ein Wiedersehen stets verweigerte. Die Chronik um seine menschenverachtenden Appelle, Zamperinis Qualen und Durchhaltevermögen mögen zwar realistisch erscheinen. Auf Dauer wirkt die Dramaturgie jedoch repetitiv und enervierend.

Lieber hätte man sich näheres über den mühsamen Weg des befreiten Heimkehrers zurück ins Leben und sein anhaltendes Trauma gewünscht. Das Ende wartet lediglich mit Archivbildern über Zamperinis späten Olympiade-Fackellauf in Japan nebst kurzen Texttafeln über seinen Trost im christlichen Glauben und seine Mission zur Völkerversöhnung auf. Darauf bereitet schon die erste Rückblende mit einem Appell des Pfarrers zur Vergebung hin. Innerhalb der solide inszenierten Geschichte findet diese Botschaft allerdings kaum ihre Entsprechung. Jenseits aller Heldenverehrung um die Kraft des Willens und Geistes fehlt es den Charakteren schlicht an psychologischer Tiefe.

Unbroken

Für ihre zweite Regiearbeit nach dem kontroversen Berlinale-Beitrag „In the Land of Blood and Honey“ über den Bosnien-Konflikt wählte Angelina Jolie die dramatische Biografie des Olympialäufers Louis Zamperini. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Sohn italienischer Einwanderer als Bombenschütze des Army Air Corps eingesetzt, wo er über dem Pazifik mit einer defekten Maschine abstürzte.
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