Three

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein verführerisches Ballett des Todes

Johnnie To ist wieder da – und das noch dazu in seinem ureigensten Genre: Der große Kinoformalist und -stylist aus Hongkong knüpft mit seinem neuen Werk Three nach einigen Abschweifungen in die Gefilde der romantischen Komödie (Don’t Go Breaking My Heart 2; 2014) und des Musicals (Office/Design for Living; 2015) wieder an seine früheren Thriller- und Krimi-Werke an. Eindeutiger Höhepunkt dieses schlanken neuen Films, der sich mit 88 Minuten und einem Krankenhaus als einzigen Handlungsort begnügt, ist dabei wieder einmal ein Shoot-out voller Eleganz und lyrisch sprühender Blutfontänen, während der man vor ästhetischem Entzücken am liebsten gar nicht mehr ein- oder ausatmen möchte; ein verführerisches Ballett des Todes, wie es nur wenige große Meister auf die Leinwand zu zaubern verstehen.
Im Kern geht es in Three um drei Menschen (daher auch der Titel), deren Wege sich auf einer neurochirurgischen Station eines Krankenhauses kreuzen: Da ist zum einen die junge Ärztin Dr. Tong Qian (Wei Zhao), die dort ihren Dienst versieht und die sich in dieser von Männern dominierten Welt ein ums andere Mal unter Druck gesetzt fühlt – selbst die Patienten setzen der jungen Frau, die sich ihren Status schwer erarbeiten musste, teilweise hart zu. Dann kommt der Polizist Chen (Louis Koo) hinzu, der den Gangster Shun (Wallace Chung) auf die Station bringt, der bei seiner Festnahme durch einen Kopfschuss verletzt wurde. Noch ist der Verbrecher bei Bewusstsein und treibt seine Spielchen mit den Polizisten, aber sein Gesundheitszustand kann sich aufgrund des Projektils in seinem Kopf jederzeit verschlechtern. Während er die Operation immer wieder hinauszögert, keimt in dem Polizisten der Verdacht auf, dass die Komplizen des Gangsters vielleicht längst im Anmarsch sein könnten, um dessen Befreiung durchzuführen. Und genau so ist es dann auch …

Trotz der knappen Laufzeit des Films lässt sich Johnnie To am Anfang spürbar Zeit, in die Atmosphäre der Neurochirurgie einzuführen: Die Operationsszene, mit der der Film beginnt, ist nichts für Zartbesaitete, später wird sich nochmal eine ähnliche Szene wiederholen. Auch bei der Exposition der Figuren lässt sich To Zeit und versteht es, immer wieder geschickt falsche Fährten einzustreuen, so dass man auch später, als sich die Bedrohungslage längst konkretisiert hat, immer noch rätselt, welcher der Patienten, Besucher oder sonstigen Anwesenden auf welcher Seite steht. Wobei die Unterscheidung von Gut und Böse sowieso schwerfällt, denn bei der Schießerei, so stellt sich später heraus, kam es zu einer klaren Überreaktion der Polizei, die nun vertuscht werden soll. Dabei ist es vor allem bemerkenswert, wie To über Blickachsen und Perspektiven immer wieder den engen zur Verfügung stehenden Raum definiert und ihn zugleich zu einem labyrinthischen Geflecht an Gängen, Nischen und Räumen werden lässt. In dieser Form der Raumorganisation spiegelt sich auch die Figurenanordnung wider: Kaum glaubt man, die Zusammenhänge verstanden zu haben, folgt ein neuer Zaubertrick und die Karten sind abermals neu gemischt.

Johnnie To ist zweifelsohne ein Meister dieser Form der eleganten Verwirrung und des Katz-und-Maus-Spiels mit dem Zuschauer und auch hier beherrscht er seinen Stoff und sein Material trotz kleinerer dramaturgischer Wackler und logischer Unstimmigkeiten nahezu perfekt. Spätestens, wenn der Film zu seinem opulenten, in verschiedenen Geschwindigkeiten vorgetragenen Tanz des Todes und Spektakel des Sterbens ansetzt, sind alle vorherigen Fehler sowieso aufgehoben und vergessen angesichts des ungläubigen Staunens, mit dem man hier das Dunkel des Kinos verlässt und wieder ans Licht und ins Leben taumelt.

Three

Johnnie To ist wieder da – und das noch dazu in seinem ureigensten Genre: Der große Kinoformalist und -stylist aus Hongkong knüpft mit seinem neuen Werk „Three“ nach einigen Abschweifungen in die Gefilde der romantischen Komödie („Don’t Go Breaking My Heart 2“, 2014) und des Musicals („Office“/“Design for Living“, 2015) wieder an seine früheren Thriller- und Krimi-Werke an.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen