The Red Chapel

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Mit schlechten Witzen im Reich des Bösen

Keine Ahnung, ob diese beiden Comedians wirklich als schlechtestes Komikerduo der Welt aktenkundig geworden sind – fest steht aber, dass über die beiden aus (Süd)Korea stammenden und in Dänemark aufgewachsenen jungen Männer kaum jemand lachen kann. Doch damit nicht genug: Einer der beiden „Komiker“ ist zudem – wie er selbst sagt – ein „Spastiker“ und damit am Zielort der Tournee eine unerwünschte Person. Denn in Nordkorea, so besagen Berichte, werden Behinderte ausgesondert und fernab der übrigen Bevölkerung in Lagern interniert, um nicht das Bild einer glücklichen Nation zu trüben. Und genau hierin liegt eine der vielen Zeitbomben, die aus The Red Chapel ein –sagen wir mal – außergewöhnliches Experiment machen, das durchaus in der Tradition von Lars von Triers Film Idioten steht. Was im Übrigen kaum verwundert, schließlich hat von Triers Unternehmen die gewagte Fake-Doku mitproduziert.
Auf Initiative des dänischen Journalisten und TV-Moderators Mads Brügger und gemeinsam mit ihm als spiritus rector einer als Tournee getarnten Unddercover-Dokumentation begeben sich die Komiker Jacob Nossell und Simon Jul Jørgensen auf eine Reise nach Nordkorea, wo sie an einem Kulturaustausch teilnehmen und vor ausgesuchtem einheimischen Publikum auftreten sollen. Natürlich versucht sich das Regime als wahres Paradies der Werktätigen zu verkaufen und stellt neben der ebenso loyalen wie freundlich-unverbindlichen Frau Pak als Reisebegleiterin und Aufpasserin noch einen ehemaligen Theaterdirektor sowie einen ideologisch beschlagenen weiteren Begleiter zur Verfügung. Als die Abgeordneten des „geliebten Führers“ Kim Jong-Il zum ersten Mal die Bühnenshow der beiden Comedians sehen, entgleiten ihnen trotz aller asiatischen Gelassenheit sichtlich die Gesichtszüge. Doch zugleich dürfen sie sich keinerlei Blöße geben – immerhin ist der propagandistische Wert der Tournee mit zwei aus dem Land des Erzfeindes stammenden Akteuren, die darüber hinaus noch Repräsentanten eines feindlichen westlichen Regimes sind, kaum zu unterschätzen. Und so machen Frau Pak und ihre Genossen gute Miene zum bösen Spiel und ziehen behutsam die ideologischen Zügel immer weiter an, während die beiden Komiker sich unter der Regie ihres Begleiters immer weiter bemühen, die Vertreter des Regimes an den Rand der gebotenen Contenance zu bringen.

Filmisch muss man über The Red Chapel kaum ein Wort verlieren: Die unter der Aufsicht der nordkoreanischen Geheimpolizei und der Zensurbehörde entstandenen Bilder sind häufig verwackelt und grobkörnig und kultivieren in Anlehnung an Sascha Baron Cohens ähnlich konzipierten Film Borat den Trash als Stilmittel, mit dem die perfekt inszenierte Fassade eines Landes aufgebrochen werden soll. The Red Chapel ist eher ultraschräges Experiment und politische Performance als großes Kino und lässt den Zuschauer mehr als unschlüssig zurück, ob man dies alles überhaupt ernst nehmen kann oder ob man sich nicht wie Mads Brügger aller moralischen Bedenken entledigen und einfach drauflos lachen soll.

So richtig mag aber auch dies nicht gelingen, selbst wenn Brüggers Absichten der Demaskierung des Reichs des Bösen durchaus ehrenwert sein mögen. Dass er für seine Ziele aber alle Menschen (sowohl die Nordkoreaner wie auch die beiden Komiker) in hohem Maße funktionalisiert und manipuliert, gibt diesem Film einen bitteren Beigeschmack, den man so schnell nicht los wird. Aber vielleicht ist das ja gerade das Ziel, das Brügger mit seinem Film erreichen will – eingedenk des unvergesslichen Satzes aus Die Feuerzangenbowle: „Medizin muss bitter schmecken, damit sie nützt.“

The Red Chapel

Keine Ahnung, ob diese beiden Comedians wirklich als schlechtestes Komikerduo der Welt aktenkundig geworden sind – fest steht aber, dass über die beiden aus (Süd)Korea stammenden und in Dänemark aufgewachsenen jungen Männer kaum jemand lachen kann.
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Meinungen

W.K. · 01.07.2010

Mag sein, dass über die eigentlichen Komiker niemand lachen kann, dass ist auch nicht der Anspruch des Films. Was absolut brilliant gelingt ist, das Nordkoreanische Regime ad absurdum zu führen. Großartiger Film!