The Pervert's Guide to Ideology

Kreative Filmbetrachtungen von Slavoj Žižek

Er ist ein engagierter, wuchtiger und wortgewaltiger Kulturkritiker der unkonventionellen Art, und wenn Slavoj Žižek seine widerborstigen, provokanten Gedankenströme auf filmischem Territorium entwickelt, dann ist Spannendes wie Kurioses zu erwarten. Nach The Pervert’s Guide to Cinema von 2006 erscheint nun mit The Pervert’s Guide to Ideology (2012) eine Fortsetzung drastischer Žižek-Betrachtungen über philosophisch-psychologische Hintergründe populärer Filme hierzulande auf DVD, diesmal mit dem Fokus auf ideologischen Aspekten. Dass der aus Slowenien stammende, interdisziplinäre Geisteswissenschaftler sich dabei nicht auf gängige Interpretationsmuster beschränkt, sondern bevorzugt marxistisch und psychoanalytisch durchwirkte Terror-Thesen mit faszinierend-erfrischender Schlüssigkeit streut, ist auch hier wiederum sein verlässliches Markenzeichen.
Wünsche, Verlangen, Fantasie und Träume der Zuschauer_innen bilden den Pfad, auf dem sich Slavoj Žižek als versierter Alleinunterhalter akademischer Ausprägung durch markante Szenen ebensolcher Filme bewegt. Seine anregenden Analysen erscheinen bereits allein durch die Darstellungsform des Dokumentarfilms mit zynischer Witzigkeit durchsetzt: Als gewiefter Vermittler verborgener Filmkunst schlüpft der Kritiker ganz lässig auch selbst mal in die Kulisse eines gerade gezeigten Filmausschnitts, der somit seiner fiktiven Welt entkommt und in der Realität der Dokumentation landet – ein Kunstgriff, der einmal mehr die Potenz dieser spitzbübischen Präsentation betont.

Auf diese Weise schraubt sich der eloquente Hermeneutiker physisch wie kognitiv in Filme wie West Side Story, Uhrwerk Orange / A Clockwork Orange, John Carpenter’s Sie leben / They Live, Titanic und einige mehr hinein, immer auf der Spur der verborgenen Offensichtlichkeiten, die er als heiter-heikle Geheimtipps heraushaut. Ob Martin Scorseses Taxi Driver nun als verdecktes Remake von John Fords Der Schwarze Falke / The Searchers durchgeht oder nicht – es bereitet ein unverschämtes Vergnügen, den abenteuerlichen Pfaden dieses selbsternannten pervertierenden Predigers zu folgen.

Wer also gewagte, provokante und dabei durchaus stimmig sowie auch noch ideenreich hergeleitete Filmthesen und -theorien mag, der ist im intellektuellen Imperium Slavoj Žižeks fantastisch aufgehoben und auf erhöhtem Niveau unterhalten. In seinem spontan verständlichen, schlicht internationalisierten Englisch, dem wahlweise deutsche Untertitel beigefügt werden können, entfaltet dieser bestens belesene Bildungsberserker mit krudem Charme seine kreativen Kuriositäten, die offensichtlich seinem authentisch anmutenden Drang zu witzloser, geradezu weiser Heiterkeit entspringen. Das Lächeln und das Lachen, das dieser nachhaltige, mit feinem fachwissenschaftlichem Booklet ausgestattete Film aus der Reihe filmedition suhrkamp durchaus bei seinem Publikum produziert, hat selten etwas mit Lustigkeit zu tun. Vielmehr handelt es sich dabei um den Ausdruck einer erstaunten Erkenntnis, oder zumindest um das Auftauchen der Möglichkeit einer solchen. Denn The Pervert’s Guide to Ideology versteht es in seiner beachtlichen Komplexität ganz ausgezeichnet, selbst mehrmals und häufig betrachtete cineastische Sequenzen derart in neue Zusammenhänge einzudrehen, dass die (Hirn-)Windungen entzückt quietschen.

Marie Anderson

The Pervert's Guide to Ideology

Er ist ein engagierter, wuchtiger und wortgewaltiger Kulturkritiker der unkonventionellen Art, und wenn Slavoj Žižek seine widerborstigen, provokanten Gedankenströme auf filmischem Territorium entwickelt, dann ist Spannendes wie Kurioses zu erwarten. Nach „The Pervert’s Guide to Cinema“ von 2006 erscheint nun mit „The Pervert’s Guide to Ideology“ (2012) eine Fortsetzung drastischer Žižek-Betrachtungen über philosophisch-psychologische Hintergründe populärer Filme hierzulande auf DVD, diesmal mit dem Fokus auf ideologischen Aspekten.
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