The House at the End of Time

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Es gibt kein Zurück

Der erste Film des venezolanischen Regisseurs Alejandro Hidalgo kommt mit reichlich Vorschusslorbeeren. Auf Festivals sorgte The House at the End of Time für Furore. Und das zu Recht, denn obschon man das Werk ins Genre des Spukhausfilms einordnen muss, ist er doch mehr als das. Weil Hidalgo zwar mit den genreinhärenten Klischees spielt, sie aber gleichsam auf den Kopf stellt. Zudem funktioniert sein Film abseits der gruseligen Atmosphäre auch als Drama über eine Frau, die alle Hoffnung verloren hat.
Dulce erwacht auf dem Boden. Blutend. Sie sieht sich im Haus um und findet die Leichen ihres Mannes und ihres Sohns. Gleich darauf wird Dulce verhaftet und wegen Mordes verurteilt. 30 Jahre verbringt sie in Haft, dann entlässt man sie, allerdings nur in Hausarrest – und zwar exakt in dem Haus, in dem die Morde geschahen. Ein Priester kommt, um Dulce zu helfen, um ihr ihren Glauben an Gott zurückzugeben, aber auch, um die Morde zu entwirren, hält er sie doch für unschuldig. In diesem Haus gefangen, verschmelzen für Dulce Gegenwart und Vergangenheit.

Das Faszinierende an diesem Film ist Hidalgos Bereitschaft, sich außerhalb erwartbarer Konventionen zu bewegen. Er bietet stimmungsvollen Grusel, sogar Momente des Schocks, aber es sind nicht die Geister, die hier wirklich ins Zentrum rücken. Oder anders ausgedrückt: Der Film untersucht, wie sehr der Mensch von seinen eigenen Dämonen heimgesucht wird. Das ist das eigentliche, reife Thema des Films, Hidalgo vergisst darüber hinaus aber nicht, den Zuschauer zu erschrecken und dabei auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Hervorragend ist die Sequenz mit der Seance, die in absoluter Schwärze stattfindet. Einzig bedauerlich ist, dass dieser auf das Hören und Phantasieren setzende Moment zu kurz ist.

Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist nicht immer fließend, der Übergang vom Melodrama häuslicher Probleme zur Bedrohung durch übernatürliche Erscheinungen geht aber Hand in Hand. Ruddy Rodriguez liefert als Dulce eine vielschichtige Darstellung ab. Sie versteht es auch, die alte und die junge Dulce unterschiedlich zu zeichnen. Generell ist das schauspielerische Niveau aber hoch, selbst die Kinder schlagen sich gut (auch wenn die Szenen mit den Kids etwas zu sehr zum Showstopper werden).

Rodriguez ist das emotionale Zentrum des Films. Mit ihr transportiert Hidalgo sein Thema, das von Hoffnungen, Verlusten und Ängsten getränkt ist. Er gestaltet den Horroraspekt seines Films clever, findet aber frische Ansätze und verschmilzt die verschiedenen Erzählebenen, bis am Ende nicht nur ein homogenes Ganzes, sondern auch die Erkenntnis steht, dass selbst in scheinbar ausgelutschten Subgenres viel Leben steckt, wenn man nur den Mut hat, ausgetretene Pfade zu verlassen.

The House at the End of Time

Der erste Film des venezolanischen Regisseurs Alejandro Hidalgo kommt mit reichlich Vorschusslorbeeren. Auf Festivals sorgte „The House at the End of Time“ für Furore. Und das zu Recht, denn obschon man das Werk ins Genre des Spukhausfilms einordnen muss, ist er doch mehr als das. Weil Hidalgo zwar mit den genreinhärenten Klischees spielt, sie aber gleichsam auf den Kopf stellt. Zudem funktioniert sein Film abseits der gruseligen Atmosphäre auch als Drama über eine Frau, die alle Hoffnung verloren hat.
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