The Break - Jeder kann töten (Staffel 1)

Eine Filmkritik von Simon Hauck

Das Herz ist ein dunkler Wald

„Was ist das hier überhaupt für ein Scheißdorf?!“ Der kantige Chefermittler Yoann Peeters (Yoann Blanc) ist kein Mann der leisen Töne. Selbst traumatisiert, ziemlich hart im Ton und wenig herzlich im Umgang mit seinen neuen KollegInnen, ist er nach dem Tod seiner Frau in sein früheres Heimatdorf Heiderfeld zurückgekehrt. Auslöser war der mysteriöse Leichenfund von Driss Assani, der plötzlich von den tölpeligen Dorfpolizisten aus dem Wasser der Semois gefischt wurde. Als junger afrikanischer Fußballer mit großem Talent hätte ihm eigentlich eine Profikarriere winken können, doch wenig später liegt er nun in der Morgue des kleinen belgischen Dorfes: Nackt, mit bläulich aufgeschwemmter Haut – und zahlreichen Spuren von Gewaltanwendung. So viele Druck- und Bruchstellen hätte nicht einmal ein Selbstmordversuch von der nahegelegenen Flussbrücke verursachen können, auch wenn weiterhin viele im Dorf glauben, dass er einfach gesprungen sei… „Der Flüchtling habe eben einfach keine Nerven gehabt“, frotzeln daraufhin manche Bewohner ultrazynisch.

Empathie sieht anders aus, genauso wie auch Matthieu Doncks zehnteilige Kriminalserie von 2015, die im Frühjahr auf Sky Atlantic lief und nun als DVD und Blu-ray erschienen ist, optisch im ersten Moment um einiges anders aussieht als so viele andere Kriminal- und Thriller-Serien der letzten Jahre. Das liegt in erster Linie am formalen Stilwillen des Kameramanns Olivier Boonjing, der sich zwar einerseits – und ziemlich ungeniert – aus den epochemachenden Bilderwelten von True Detective und Twin Peaks reichlich bedient, andererseits aber auch ein großes Talent hat, menschliche Düsterheiten wie landschaftliche Bedrohlichkeiten in mehr als nur ordentliche Tableaus einzufangen.

Das hat in der Tat etwas von manch besonders abgründigen Fernseharbeiten von Dominik Graf (z.B. Hotte im Paradies oder Eine Stadt wird erpresst) – und lässt den Zuschauer durchaus über eine Reihe seltsam hölzerner Dialoge hinwegsehen, in denen manchmal schlichtweg deutlich zu viel erklärt – oder noch schlimmer: wiederholt – wird, damit ja auch jeder / jede dramaturgisch mitkommt. Das ist nicht immer sinnvoll und bremst die ansonsten angenehm unruhig-wackelige Spannungslinie vereinzelt aus, aber in toto reist das Publikum sicherlich immer wieder sehr gerne zurück ins eigentlich so idyllisch gelegene Ardennen-Dorf, hinter dessen Haus- und Stalltüren es naturgemäß – und seriendramaturgisch erst recht – besonders finster zugeht.

Da ficken zum Beispiel die wenig wohlerzogenen Kinder der zwielichtigen (Lobbyisten-)Bürgermeisterin wahlweise das Au-pair-Mädchen oder einen im wahrsten Sinne des Wortes teuflisch veranlagten Partyschreck, der am liebsten Kanichen aufschlitzt und bei Dates zuerst einmal die Brüste der neuen Angebeteten mit dem Smartphone festhält. Da lebt – als erster mutmaßlicher Verdächtiger – ein very strange man namens Jeff abseits der Zivilisation in einem wüst dekorierten Wohnwagen irgendwo im Wald nahe des Flusses, umringt von kaputten Babypuppen und zerstückelten Heiligenfiguren… Die Einheimischen nennen ihn nur „den Indianer“. Andere halbseidene Dorfbewohner sammeln Wehrmachts-Memorabilia – und irgendwo hinter einem Hoftor lauert schließlich noch das abgründige „SM-Freizeit-Paradies“, das von der grimmigen Malausa – und ihrem halb-debilen Bruderherz – mit eiserner Hand geführt wird…

Wilhelm Buschs freches Bonmot „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“ wird in dieser kleinen, nicht besonders runden, aber durchaus facettenreichen Thriller-Serie gleich mehrfach in wunderbare Einstellungen umgesetzt: Sei es am Frühstückstisch, in der Fußballerkabine oder bei der allabendlichen Terror-Disco-Party der wirklich ausgeflippten Dorfpunks. Gerade in diesen kurzen und besonders feinen Sequenzen punktet The Break – Jeder kann töten als faszinierendes Sex-and-Crime-Kuriositätenkabinett in Moll. Im Resultat ist dabei eine belgische Version von Sartres berühmten Zitat „Die Hölle, das sind die anderen“ herausgekommen. Wer braucht da schon eine Auflösung?
 

The Break - Jeder kann töten (Staffel 1)

„Was ist das hier überhaupt für ein Scheißdorf?!“ Der kantige Chefermittler Yoann Peeters (Yoann Blanc) ist kein Mann der leisen Töne. Selbst traumatisiert, ziemlich hart im Ton und wenig herzlich im Umgang mit seinen neuen KollegInnen, ist er nach dem Tod seiner Frau in sein früheres Heimatdorf Heiderfeld zurückgekehrt. Auslöser war der mysteriöse Leichenfund von Driss Assani, der plötzlich von den tölpeligen Dorfpolizisten aus dem Wasser der Semois gefischt wurde.

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