The Boss

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Eine spätkapitalistische Possenparade

Dass Melissa McCarthy über ein außerordentliches komödiantisches Talent verfügt, steht außer Frage. Doch nicht jedem gelingt es, dies auch zum Leuchten zu bringen. Paul Feig (Brautalarm, Taffe Mädels) kann es. Ben Falcone, Regisseur von The Boss und McCarthys Ehemann, kann es hingegen nicht. Unter seiner Regie verkommt sie zur Possenreißerin, die sich mühevoll am spröden Material abarbeitet, ohne je so richtig im Humorzentrum des Publikums landen zu können. Doch das ist nur eines der Probleme (und nicht mal das größte), die The Boss hat.
Michelle Darnell (Melissa McCarthy) ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau und Nummer 47 auf der Rangliste der reichsten Menschen. Doch um so weit zu kommen, musste sie einen hohen Preis zahlen: Michelle ist eine kaltherzige, einsame Person, die weder Familie noch Liebhaber hat. Schon hier möchte man mit dem Kopf auf dem Tisch aufschlagen, denn der Film arbeitet sich an einem der ältesten sexistischen Klischees der Filmgeschichte entlang, ohne es je in Frage zu stellen: Erfolgreiche Frauen sind kaltschnäuzig und natürlich underfucked. Immerhin ist der Film wenigstens insofern konsequent, dass auch Michelles Gegenspieler direkt einem comichaften überzeichneten Paralleluniversum wie Entenhausen zu entstammen scheint. Renault (ebenfalls völlig unterfordert: Peter Dinklage) war Michelles letzter Liebhaber und ist jetzt ihr erbitterter Erzfeind und Widersacher. Und das kommt so: Weil die ehemalige Geliebte ihn verlassen und übers Ohr gehauen hat, setzt er jetzt alles daran, ihr das Leben zu ruinieren. Ein Vorhaben, das prompt gelingt — mit einem Hinweis auf Michelles Insiderhandel bringt Renault sie ins Gefängnis. Sie verliert alles — ihre Firmen, ihr Haus, ihre Angestellten und all ihre Freunde. Nur eine bleibt ihr aus Höflichkeit und Mitleid erhalten: Michelles ehemalige Assistentin, die gutmütige, alleinerziehende Mutter Claire (Kristen Bell) lässt Michelle bei sich und ihrer Tochter Rachel wohnen. Als Michelle das Kind einmal zur ihrer lokalen Mädchengruppe begleitet, kommt sie eine Idee, wie sie wieder zu Reichtum kommen kann: Die Mädchen verkaufen Kekse in der Nachbarschaft, ohne jemals selbst am Gewinn beteiligt zu sein. Michelle heuert die Hälfte von ihnen an, verspricht ihnen 10% Gewinn und weitere 10%, die in ihren College-Fond fließen, wenn sie gewinnbringend Claires Brownies verkaufen. Die Mädchen sollen sich eine eigene Zukunft aufbauen können und unabhängig werden.

Klingt gut, wäre es denn wirklich relevant. Doch das Problem von The Boss ist, dass es immer wieder Ideen einführt, die niemals weiterverfolgt werden und die damit ins Leere laufen. Denn diese emanzipatorische Idee geht sofort im kapitalistischen Gerangel und Geklüngel unter. Michelle will natürlich das Meiste rausholen — und als sie das Gefühl bekommt, Claire würde sie hintergehen, lässt sie das Geschäft sofort fallen. Gleiches gilt für einige Randfiguren wie Michelles Mentorin (großartig grantig: Kathy Bates) oder die Nonne, die sie einst aufzog (Margo Martindale). Diese werden in die Erzählung eingeführt und wären für die emotionale Tiefe der Figur Michelle essentiell, aber der Film hat keine Zeit (oder nimmt sich keine) für solchen Schnickschnack. Der nächste Gag muss her, da ist kein Platz für eine solides Drehbuch oder eine (gar plausible) Charakterentwicklungen. An dieser Stelle kommt dann wieder das Grundproblem des Filmes zum tragen. Bis auf drei, vier lustige kleine Momente ist The Boss weder Slapstick, noch bietet er irgendeine andere Art von erfolgreicher humoristischer Strategie. Die meiste Zeit verbringt man hier als ZuschauerIn damit, auf einen guten Moment zu warten, während man zusehen muss, wie Ben Falcone sofort und jederzeit den Faden fallen lässt, um einen Gag einzuwerfen, der dann doch nicht zündet.

Es ist diese Bemühtheit und die schon fast tragische Hetzjagd nach flauen Gags und schalen Witzigkeiten, die das Seherlebnis von The Boss mindestens langweilig, des öfteren aber auch schlichtweg unangenehm werden lassen. Wenn man dann noch die gesellschaftspolitische Aussage des Werkes dazu addiert, bleibt am Ende nur ein Kopfschütteln und ein Seufzer der Erleichterung, dieses missglückte Werk überstanden zu haben.

The Boss

Dass Melissa McCarthy über ein außerordentliches komödiantisches Talent verfügt, steht außer Frage. Doch nicht jedem gelingt es, dies auch zum Leuchten zu bringen. Paul Feig („Bridesmaids“, „The Heat“) kann es. Ben Falcone, Regisseur von The Boss und McCarthys Ehemann, kann es hingegen nicht.
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