Strajk – Die Heldin von Danzig

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Mutter Courage der Lenin-Werft

Agnieszka Walentynowicz (Katharina Thalbach) ist eine kleine schmale Person mit gerade mal 1,56 m Körpergröße, doch in den letzten Jahren der kommunistischen Herrschaft in Polen kannte jeder in ihrer Heimat die Kranführerin von der Danziger Lenin-Werft. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Lech Walesa war sie eine der Begründerinnen der freien Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc und damit eine der Symbolfiguren im Kampf für Freiheit und Demokratie. Volker Schlöndorff hat die Lebensgeschichte von Agnieszka Walentynowicz nun in einer – wie er es selbst nennt – „Ballade nach historischen Ereignissen“ inszeniert und erweist sich abermals als genauer Chronist junger und jüngster Geschichte, die sich nie allein darauf beschränkt, deutsche Befindlichkeiten zu untersuchen, sondern die stets auch den Blick gen Osten nach Polen wendet – so geschehen in Die Blechtrommel und Der Unhold.
Der Film schildert den Werdegang Agnieszkas, der sich anfangs weniger durch Widerspruchsgeist als vielmehr durch unermüdlichen Fleiß, die Sorge um ihren Sohn Krystian und einen unbestechlichen Gerechtigkeitssinn auszeichnet. Schon früh begehrt Agnieszka auf, macht auf Missstände aufmerksam und ist stets darum bemüht, sich und ihren Kollegen die harte Arbeit ein klein wenig erträglicher zu machen, eine unberirrbare, gradlinige Frau, die sich nicht vor den Autoritäten im kommunistischen Polen wegduckt, sondern immer ihre Meinung sagt. Trotz ihres Widerspruchsgeistes ist Agnieszka aber eine überzeugte Kommunistin, ihr Widerstand ist kein politisch motivierter, sondern er speist sich aus der Erkenntnis, dass alles dafür getan werden muss, um den Alltag ein klein wenig leichter und lebenswerter zu machen. Im harten Schichtbetrieb steht die zähe Frau ihren Mann und arbeitet sich beharrlich nach oben, bis sie schließlich als Kranführerin ein wenig mehr verdient und ausschließlich tagsüber arbeiten kann. Als sie Zeugin eines Unglücks mit 21 Todesopfern wird, die aufgrund der mangelnden Sicherheitsvorkehrungen auf der Werft ihr Leben lassen müssen, ist es für sie lediglich eine Frage der Courage, dass sie gegen die Werksleitung revoltiert. Anscheinend trifft Agnieszka mit ihren Mitstreitern einen Nerv, denn immer mehr Arbeiter schließen sich landesweit den Protesten an. Und allen Maßnahmen zum Trotz – in der Zwischenzeit hat General Jaruszelski das Kriegsrecht verhängt – entsteht hier die Keimzelle für ein demokratisches Polen, das somit das Aufbrechen des Ostblocks erst möglich macht.

Agnieszka Walentowicz heißt im wahren Leben Anna Walentowicz. Der Grund für die Umbenennung der streitbaren Frau liegt darin begründet, dass die echte Frau Walentowicz keine Verfilmung ihrer eigenen Geschichte wünschte, da sie keinerlei Lust verspürte, zu einer Heldin hochstilisiert zu werden. Offenbar waren ihre Befürchtungen berechtigt, denn Volker Schlöndorffs Film Strajk – Die Heldin von Danzig ist in der Tat eine Heldenverehrung geworden, allerdings eine, die trotz einer großartig aufgelegten Katharina Thalbach kaum mitzureißen weiß. Zu brav wird hier chronologisch ein Leben nacherzählt, das doch eigentlich genug Stoff für ein großes Drama böte, das aber in seiner filmischen Umsetzung nur in wenigen Momenten zu überzeugen weiß. Es fehlt schlichtweg an der Magie des Films, der Film verharrt vielmehr darin, abgefilmte Geschichte zu bleiben. Und das ist dann doch zu wenig.

Strajk – Die Heldin von Danzig

Agnieszka Walentynowicz (Katharina Thalbach) ist eine kleine schmale Person mit gerade mal 1,56 m Körpergröße, doch in den letzten Jahren der kommunistischen Herrschaft in Polen kannte jeder in ihrer Heimat die Kranführerin von der Danziger Lenin-Werft.
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Meinungen

· 23.04.2007

Nun, das ist doch gar kein schlechter Film. Klar, auch kein großer, aber eben ein guter, ziemlich einfach gestrickter, aber interessanter Film, der eben kein Pathos bietet, sondern an einer Person eine große Geschichte klein erzählt. Besuchenswert.