Slumming

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Das Glück in der Fremde

Wenn man an Orte geht, die man normalerweise nicht aufsuchen würde, nennt man das Slumming. So begegnet man Menschen, die man sonst nie getroffen hätte und sieht Orte, die einem sonst verborgen geblieben wären. Eben Fremdsein in der eigenen Stadt. Davon erzählt der neue Spielfilm Slumming von Michael Glawogger, der sich mit Dokumentarfilmen wie Megacities (1998) und Working Man’s Death (2005) einen Namen gemacht hat.
Slumming im Fall von Sebastian (August Diehl) und Alex (Michael Ostrowski) heißt Herumlungern in Wiener Türkenlokalen, Spielhöllen und heruntergekommenen Likörstuben. Eine weitere Lieblingsbeschäftigung der Beiden: Frauen über Internetchat anbaggern und gehässige Spielchen mit ihnen treiben. Viel Zeit haben die Jungs und vor allem auch das nötige Kleingeld, um nicht arbeiten gehen zu müssen. Auf einer ihrer nächtlichen Erkundungstouren durch Wien treffen sie auf einer Parkbank vor dem Bahnhof den bis zur Bewusstlosigkeit besoffenen Penner Kallmann (Paulus Manker), legen ihn in den Kofferraum ihres BMWs und fahren ihn über die Grenze nach Tschechien und legen ihn dort auf die Parkbank vor dem Bahnhof in Znojmo, einer dreckigen, trostlosen Kleinstadt. Dann ist da noch Pia (Pia Hierzegger), die als Lehrerin und Garderobiere in einer Diskothek arbeitet und in die sich Sebastian verliebt. Doch als Pia erfährt, was die Jungs mit Kallmann angestellt haben, kommt alles ganz anders.

Doch böse Taten können auch im Guten enden: Was Kallmann in der Fremde durchmacht, wie er wieder zu sich selbst und zurück in seine Stadt findet – das macht einen anderen Menschen aus ihm. Glawogger inszeniert Kallmanns Weg der „Erleuchtung“ und überhaupt seinen ganzen Film auf zugleich düstere, komische und heitere und ironische Weise. Ein Film zum Lachen, zum Weinen — Melodram und Komödie zugleich. Zum Brüllen komisch die Szene wie Kallmann im Eis einbricht, völlig am Ende seiner Kräfte ist und plötzlich Gartenzwerge aus dem Wasser auftauchen.

Wie ein Puzzle haben sich die Ideen und Inspirationen für den Film zusammengesetzt: Da war der echte Kallmann, den Glawogger während des Drehs zu seinem Dokumentarfilm Frankreich wir kommen (1999) getroffen hat. Kallmann wollte während der Fußball-WM Bälle an Leute in Wiener Gaststätten verkaufen. Das Vorhaben scheiterte, die Hälfte der Bälle blieb übrig. Doch genügend Inspiration für den Kallmann im Film, der als Zettelpoet in Slumming durch die Wiener Straßen und Kneipen zieht, um seine Gedichte zu verkaufen. Die Geschichte mit der Grenzüberschreitung im Kofferraum hatte Glawogger vor vielen Jahren von einem Betrunkenen in einer Bar gehört. Es war völlig unklar, ob die Story wahr war, aber die Art wie er sie erzählte, faszinierte den österreichischen Regisseur so sehr, das er sie in seinen Film einfließen ließ. Und es fügte sich ein in das große Thema in Glawoggers Oeuvre – in dieses, was wäre in einem anderen Leben, in einer anderen Stadt, diese große Sehnsucht und Neugier Glawoggers nach der Fremde und nach einem anderen Leben.

Am Ende des Films findet Sebastian seine Glückseligkeit in der Fremde, wenn er sich mit einer Bekannten nach Indonesien aufmacht und mitten in der Nacht irgendwo aus dem Zug aussteigt und auf eine Gruppe singender indonesischer Tänzerinnen trifft. Tief beeindruckend ist diese Szene: Die Frauen sind schön, sie singen und tanzen, man darf ihnen zuschauen und wenn man ihnen Geld ihre Hände drückt, darf man sie für einen Augenblick halten. Wie Sebastian das erlebt, so hat es auch der Regisseur persönlich erlebt. Dieses Glücklichsein in der Fremde.

Die dokumentarischen Erfahrungen Glawoggers fließen an mehreren Stellen des Films ein: Ob es die nächtlichen Trips durch die Trinkstuben und Bars sind oder der Moment, in dem Sebastian in Indonesien tanzt. Zu letzterem wurde Glawogger während der Drehbarbeiten von Working Man’s Death inspiriert, in dem er eine Episode schwerstarbeitender Männer in Indonesien drehte.

Slumming spricht viele Themen an, sei es das Augesetztsein, die Sehnsucht nach dem Fremden oder wie böse Taten Gutes bewirken können. Letztendlich ist es vor allem eine schlüssig erzählte Geschichte, die Spaß macht anzuschauen. Wenn man auf keinen Fall einen Film in diesen Tage verpassen sollte, dann ist Slumming.

Slumming

Wenn man an Orte geht, die man normalerweise nicht aufsuchen würde, nennt man das Slumming. So begegnet man Menschen, die man sonst nie getroffen hätte und sieht Orte, die einem sonst verborgen geblieben wären. Eben Fremdsein in der eigenen Stadt.
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Meinungen

Claudia Christiansen · 03.05.2007

Ein Film, der die Genialität Paulus Mankers erneut unter Beweis stellt.Sensibel, echt, witzig, traurig, zum Kotzen anbetungswürdig! Wie im echtem Leben auch.
Danke an Michael Glawogger!

Britta · 19.04.2007

Also ich hab den Film letztes Jahr bei der Berlinalen gesehen und fand ihn grandios. Er ist witzig und regt gleichzeitg auch zum Nachdenken an! Ich, und alle die mit mir da waren, können den Film nur empfehlen! Bin froh dass er endlich in den Kino's läuft, damit ich ihn mir nochmal anschauen kann!!!!

· 14.04.2007

Lisa Du hast ein Problem mit der Feststelltaste. Also ich fand den Film sehr interessant und auch unterhaltsam.

Lisa · 13.04.2007

DER FILM IST GROTTENSCHLECHT! KEINE LOGIK NICHTS! WER DA REIN GEHT IST SELBER SCHULD UND DIESER MEINUNG WAREN ALLE KINOBESUCHER MIT MIR!