Schneider vs. Bax

Eine Filmkritik von Festivalkritik Locarno 2015 von Beatrice Behn

Männer im Schilf

So jetzt mal wieder gut mit mystischen Filmen wie Borgman. Alex van Warmerdams neues Werk Schneider vs. Bax macht Schluss mit jeglichem Schnickschnack und präsentiert sich als schnurgerade Genrearbeit. Auch wenn van Warmerdam seinem makaberen Humor treu bleibt und dem Surrealismus nicht ganz die kalte Schulter zeigen kann. Und weil das Ganze ziemlich viel Spaß macht, spielt er gleich selbst eine der Hauptfiguren.
Aber für einen so geraden Film ist die Geschichte, die er erzählt, dann doch recht kompliziert. Beginnen wir mit Schneider (Tom Dewispelaere), genau wie der Filmtitel es tut. Tagsüber ist er Auftragskiller, abends liebender Vater zweier Kind und Ehemann einer ahnungslosen Frau. Heute ist sein Geburtstag, weshalb er nur zähneknirschend einen Auftrag von Boss Mertens (Gene Bervoets) annimmt. Aber er soll sehr schnell gehen, außerdem ist Ramon Bax (Alex van Warmerdam) ein Kindermörder. Sagt Mertens. Doch besagter Bax ist ebenfalls ein Killer, angesetzt auf Schneider, denn, wir ahnen es schon, Schneider ist ein Kindermörder. So richtig gut vorbereitet ist Bax aber nicht. Erst muss er seine Geliebte irgendwie loswerden , dann taucht seine Tochter Franziska (Maria Kraakman) auf, die mitten in einer depressiven Phase bei ihrem Vater Halt sucht. Den gibt es bei ihm aber nicht, Bax hält sich selbst an Alkohol und Speed fest, wenn er nicht gerade kifft. Außerdem ist Schneider schon kurz vor dem kleinen Häuschen, das mitten zwischen Schilf und Morast steht, um ihn umzunieten. Wie ungünstig, dass dann auch noch Bax` Vater auftaucht. Im Schlepptau seine neue Freundin, die nicht einmal halb so alt ist wie er. Und Bax’ Geliebte, die einen Kumpel mitbringt, um ihre Sachen aus dem Haus zu holen. Es läuft eher suboptimal für Bax. Doch auch Schneider hat Probleme. In seinem Versteck taucht plötzlich eine Frau auf, die sich vor ihrem aggressiven Zuhälter versteckt. Also nimmt Schneider sie kurzerhand mit zur „Arbeit“. Und während er im Morast lauert, muss er dann noch seiner Ehefrau Fragen zum Geburtstagsessen beantworten: Fleisch oder Fisch?

So kommt es dann irgendwann zum Schlagabtausch, der nicht annähernd so geradlinig und einfach abläuft wie gedacht. Aber Schneider ist ein Profi. Es müssen alle beseitigt werden und um Acht gibt’s Abendbrot. Bax ist exzentrisch und aufgeputscht genug, um diesen Quatsch mitzumachen. Und so geht es dann in die finale Runde: schießen auf alles, was sich irgendwo im Schilf in der gleißenden Sonne bewegt.

Schneider vs. Bax ist irgendwo zwischen Fargo und Brügge sehen… und sterben?. Ein Film mit bekloppten aber prinzipientreuen Auftragskillern, die sich anstellen wie die ersten Menschen und irgendwann gar nicht mehr wissen, warum sie das gerade machen. Um genau zu sein, sind es am Ende die Frauen, die als Einzige noch einen Überblick haben und vergebens zu verstehen geben, dass man den Quatsch auch sein lassen könnte. Aber das geht natürlich nicht. Wegen der Ehre, der Männlichkeit und so. Und so sind es die Frauen, die den Film irgendwann vom klassischen Männergenre mit festen Regeln hinleiten zu einem unberechenbaren Werk, das herrlich böse, gepfeffert mit Absurditäten, Überraschungen und ordentlicher Action ist und bis zum Ende perfekte Unterhaltung liefert.

Abgesehen vom Spaß bietet van Warmerdam aber auch auf der ästhetischen Ebene einiges. Das Schilf, dass im Wind raschelt und durch das immer wieder Menschen kriechen, der braun-klebrige Morast, das kleine Haus im Nirgendwo — all das inszeniert er perfekt in einer warm-gleißenden Sonne mit vielen hellen Weiß- und Beigetönen. Würden nicht gerade alle schießen und sterben, wäre es ein hübscher Urlaubsfilm über einen Sommer in den Niederlanden. Genau diese kontraintuitive Entscheidung, den Film in so viel Licht spielen zu lassen, macht Schneider vs. Bax noch interessanter. Denn Auftragsmörder erwartet man immer im Dunkeln.

(Festivalkritik Locarno 2015 von Beatrice Behn)

Schneider vs. Bax

So jetzt mal wieder gut mit mystischen Filmen wie „Borgman“. Alex van Warmerdams neues Werk „Schneider vs. Bax“ macht Schluss mit jeglichem Schnickschnack und präsentiert sich als schnurgerade Genrearbeit. Auch wenn van Warmerdam seinem makaberen Humor treu bleibt und dem Surrealismus nicht ganz die kalte Schulter zeigen kann.
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