Schlafes Bruder

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Opulente Literaturverfilmung des Bestsellers von Robert Schneider

In einer rauen, gebirgigen Region wenig berührter Natur fernab der Enge und des Komforts der Städte wird Anfang des 19. Jahrhunderts der Knabe Elias (Samuel König) geboren, der in seinem kleinen Dorf bald durch sein empfindsames Gehör und seine ganz besondere musikalische Begabung und Hingabe auffällt. Im harten Dorfalltag herrscht wenig Verständnis für den als „Bastard“ beschimpften, sensiblen Jungen (Conradin Blum), der sowohl über eine begnadete Gesangsstimme verfügt als auch bald das Kircheninstrument besser spielen kann als der Organist, dessen Stellung Elias (André Eisermann) nach dessen Tod als junger Mann übernimmt.
Nach dem Drehbuch des österreichischen Romanautors Robert Schneider, der 1992 mit Schlafes Bruder sein literarisches Debüt vorlegte, hat der Regisseur Joseph Vilsmaier (Herbstmilch, 1988, Comedian Harmonists, 1997, Nanga Parbat, 2010) 1995 die Geschichte dieses überraschenden Bestsellers verfilmt, der mittlerweile in 36 Sprachen übersetzt und ausführlicher Gegenstand zahlreicher literaturtheoretischer Betrachtungen wurde. Es sind zuvorderst die besondere, vielschichtige Sprache sowie die außergewöhnlichen Ausführungen über die extremen Musik- und Klangwelten des Johannes Elias Alder, die den Roman auszeichnen, dessen filmische Adaption starke Bilder für die musikalischen Aspekte findet, während die verbale Ausdruckskraft der Geschichte im Film weitgehend in den Hintergrund gerät. Doch trefflich transportiert werden die Beziehungen Elias’ zu seinem Freund Peter (Ben Becker, als Kind Daniel Lins) und dessen Schwester Elsbeth (Dana Vávrová), die zur tragischen großen Liebe seines Lebens wird.

Auch wenn er sich häufig über sein Verhalten wundert und mit den eigenen starken Gefühlen für den Gefährten aus Kindheitstagen kämpft, ist Peter doch ein tragender Freund für den zunehmend verwirrten Elias, der hinnehmen muss, dass Elsbeth mit Lukas (Detlef Bothe) verheiratet wird, obwohl sie doch ihn liebt, und angesichts dieser ausweglosen Situation, die durch seine mangelnden musikalischen Möglichkeiten verschärft wird, beschließt Elias letztlich, Peters Rettungsversuchen zum Trotz, sein als unwürdig empfundenes Leben durch extremen Schlafentzug zu beenden. Peter, der zunächst von Eifersucht auf die Annäherungen zwischen Elias und Elsbeth geplagt wird, steht seinem geliebten Freund am Ende zur Seite.

Schlafes Bruder, der als aufwändige Produktion mit einem Budget von damals 15 Millionen Deutsche Mark mehrfach prämiert wurde, ist bei allen stimmigen Darstellungen der rüden, engstirnigen Bauernschaft, des sorgfältig herausgearbeiteten Charakters der Hauptfigur, die in mitreißender Intensität von André Eisermann verkörpert wird, der gelungenen Ausgestaltung der klanglichen Dimensionen sowie der Verhältnisse der Protagonisten untereinander ein schwergängiges Drama mit starken Momenten, poetischer Energie und bildgewaltiger Opulenz. Dennoch bilden die einzelnen Elemente nur streckenweise eine berührende Einheit innerhalb der beizeiten überladenen Dramaturgie, so dass der Faden der Geschichte sich mitunter in wiederholten Übersteigerungen verheddert und der Fokus der Entwicklungen jenseits der üppigen Effekte erst beim großartigen Finale wieder zusammenläuft.

Schlafes Bruder

In einer rauen, gebirgigen Region wenig berührter Natur fernab der Enge und des Komforts der Städte wird Anfang des 19. Jahrhunderts der Knabe Elias (Samuel König) geboren, der in seinem kleinen Dorf bald durch sein empfindsames Gehör und seine ganz besondere musikalische Begabung und Hingabe auffällt.
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