Route Irish

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Krieg an der Heimatfront

Während andere Altmeister wie Woody Allen sich in diesem Jahr in Cannes eher müde präsentierten, zeigt der britische Filmemacher Ken Loach, dass er nach wie vor seine ganz spezielle Art des politischen Kinos pflegt, dass seine Filme etwas bewirken wollen, dass sie aufrütteln und Missstände aufzeigen wollen. Für seinen neuen Film Route Irish, bei dem es vor allem um die undurchsichtigen Geschäfte von privaten Sicherheitsfirmen im Irak und in Afghanistan geht, hat er – ungewöhnlich genug für den Meister des Sozialdramas – die Form eines Thrillers gewählt.
Fergus Malloy (Mark Womack) hat im Irak zunächst als Soldat gedient und dann bei der privaten Sicherheitsfirma Haynes angeheuert. Nun kehrt er heim nach Liverpool, wo sein bester Freund Frankie (John Bishop), der ebenfalls bei Haynes gedient hat, bestattet werden soll – er geriet auf der „Route Irish“, der gefährlichsten Straße der Welt, die vom Flughafen von Bagdad in die Green Zone in der Innenstadt führt, in einen Hinterhalt von Terroristen und wurde getötet. Doch Fergus hegt schnell den Verdacht, dass an der offiziellen Version etwas nicht stimmt – vor allem dann, als ein irakisches Mobiltelefon auftaucht, das zeigt, wie Mitarbeiter von Haynes im Irak ein Taxi voller Zivilisten unter Beschuss nehmen und dabei eine ganze Familie auslöschen. Gemeinsam mit Frankies Witwe Rachel (Andrea Lowe), die er ebenfalls schon lange kennt (und liebt), macht sich Fergus daran, den wahren Hintergründen des Todes seines besten Freundes nachzugehen und gerät dabei selbst in die Schusslinie seiner Kollegen.

Obwohl Route Irish vom Krieg im Irak erzählt, spielt er doch fast ausnahmslos in Liverpool – von einigen zentralen Rückblende abgesehen, die in Jordanien gedreht wurden. Loachs damit verknüpfte Botschaft ist ebenso klar wie die von Oren Movermans demnächst anlaufendem Drama The Messenger, das ebenfalls vom Krieg im Irak erzählt und doch ausschließlich in den USA spielt – der Konflikt, den wir in weiter Ferne glauben, ist längst vor unserer Haustür angekommen, er produziert Soldaten, die mit dem Erlebten nicht zurecht kommen, Kampfmaschinen, die aufgrund der Brutalität eigentlich kaum mehr zu zügeln sind.

Fergus Malloy ist einer dieser kaputten Männer – rücksichtslos wie die Söldner, die er bekämpft, unterscheidet ihn nahezu nichts von seinen Feinden. Dass er mit allen Mitteln für die gute Sache kämpft, ist ausschließlich seiner engen Verbundenheit mit Frankie (und seiner Liebe zu Rachel) zu verdanken. Das macht aus ihm nicht unbedingt einen sympathischen, aber umso glaubwürdigeren Charakter, einen Choleriker, der nur ganz selten bei sich wirkt und dessen kahle Wohnung viel von seiner inneren Leere und Unbehaustheit erzählt. Und es ist mehr als konsequent, dass diesem Mann, der ohne jeden Skrupel sogar Unschuldige tötet, am Ende kein glücklicher Ausgang vergönnt sein kann.

Dennoch gehört Route Irish nicht zu den allerbesten Filmen von Ken Loach – dafür erinnert das Werk dann doch zu sehr an manche mittlerweile herausragenden britischen TV-Krimis. Was zeigt, auf welch hohem Niveau diese Produktionen mittlerweile zumindest zum Teil angelangt sind und wie sehr sie sich immer wieder aktuellen und brisanten Themen wie jenem des Irak-Krieges annehmen. Man vermisst bei dieser Geschichte ein wenig die große Geste und die großen Bilder, die den Film von seiner Konkurrenz im Fernsehen unterscheiden würden.

Route Irish

Während andere Altmeister wie Woody Allen sich in diesem Jahr in Cannes eher müde präsentierten, zeigt der britische Filmemacher Ken Loach, dass er nach wie vor seine ganz spezielle Art des politischen Kinos pflegt, dass seine Filme etwas bewirken wollen, dass sie aufrütteln und Missstände aufzeigen wollen.
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