Rest in Peace

Eine Filmkritik von Kirsten Kieninger

Begraben, verbrannt, eingefroren oder kompostiert...

Was kommt nach dem Tod? Gar nicht spirituell oder religiös gefragt, sondern ganz pragmatisch: Was passiert eigentlich nach dem Tod mit dem leblosen Körper? „Ruhe in Frieden“ ist ein frommer Wunsch, der, zumindest was die körperliche Hülle betrifft, nicht unbedingt so erfüllt wird, wie wir es für unser Seelenheil gerne glauben möchten. Denn Leichname sind, bar jeder Religiosität betrachtet, ganz einfach menschliche Überreste, mit denen es irgendwie umzugehen gilt. Wie das dann im Einzelnen aussehen kann, darüber macht man sich im Alltag lieber keine Gedanken, denn der Tod ist ein Tabu-Thema.
Die Regisseurin Andrea Morgenthaler durchbricht mit ihrem Kino-Dokumentarfilm Rest in Peace dieses Tabu, indem sie acht Menschen porträtiert, deren Arbeitsalltag der professionelle Umgang mit toten Körpern ist. Oder, anders gesagt: indem sie acht verschiedene Arten vorstellt, wie mit den Körpern von Toten verfahren wird.

Am Anfang des Films stehen Kamerafahrten, vorbei an den schaurig-schön drapierten Mumien in der Kapuzinergruft von Palermo, unterlegt mit einer Musik zwischen Pathos und Jahrmarkt. Eine karnevaleske Parade des Todes zieht am Auge des Betrachters vorbei. Ein Auftakt, der trotzdem nur wenig vorbereiten kann auf die Achterbahnfahrt (Zuschauer mit empfindlichem Magen seien vorgewarnt!) zwischen Faszination und Abscheu, zwischen Interesse und Ekel, die die folgenden 90 Filmminuten in brillanten HD-Bildern bieten, welche man allerdings gar nicht immer so genau ansehen mag. Das Publikum beim Leipziger Dokumentarfilm war oftmals sichtlich (und vor allem hörbar) hin- und her gerissen zwischen dem Anblick auf der Leinwand und dem Impuls, lieber mit leichtem Aufstöhnen den Blick abzuwenden.

Dabei ist Rest in Peace keinesfalls auf Schockeffekte kalkuliert. Im Gegenteil, der Film ist ruhig und beobachtend gedreht und geschnitten und kommt gänzlich ohne Off-Kommentar aus. Die Regisseurin und ihr Kameramann Enzo Brandner schauen allerdings sehr genau hin, wenn die von ihnen porträtierten Fachleute ihrem Handwerk nachgehen. Dieses Handwerk hat vielfältigere Erscheinungsformen, als man zunächst annehmen würde. Es wird nicht nur begraben, verbrannt, eingefroren und kompostiert, es wird eben auch geschnitten, gesägt und genäht. Alle möglichen bekannten (und unbekannten) Alternativen im Umgang mit Leichen werden vorgestellt: Von der Erd- und Feuerbestattung bis zur möglichen Kompostierung (das Verfahren ist zum Patent angemeldet); von der Entnahme von Organ-, Gewebe- und Knochenspenden bis zur Beobachtung von Larven an Leichen, um Rückschlüsse über Todeszeitpunkt und -umstände zu ziehen; von Versuchen der Überlistung des Todes durch die Technologie der „Kryonik“ (der Körper wird eingefroren, um später, wenn der wissenschaftliche Fortschritt es denn erlaubt, wieder zum Leben erweckt zu werden) bis zur künstlerischen Aufarbeitung des Todes, wenn beispielsweise der Wiener Harald Köck aufgeschnittene Leichen „porträtiert“.

Dass die einzelnen episodisch vorgestellten Aspekte nicht als bloßes Aufzählen und Abhaken auf der Leinwand ablaufen, liegt vor allem an der gelungenen Auswahl der Protagonisten, an welche die acht Episoden gekoppelt sind. Während der Wiener Leichenkünstler eine gehörige Portion dekadenter Skurrilität in den Film trägt, teilt der als „Dr. Made“ bekannte deutsche Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke sehr eloquent und witzig seine sehr spezielle Lebensphilosophie mit. Zudem entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn er mit seinen Assistentinnen, allesamt ganz in Schwarz, gepierct und tätowiert wie er selbst, wie eine Gruppe Goths über einen Leichnam gebeugt steht und über die vorgefundenen Maden verschiedener Größe fachsimpelt. Und der sympathische und tief gläubige Bestattungsunternehmer aus New York strahlt, wenn er sich über seinen Beruf äußert, die wohltuende Portion menschlicher Wärme aus, die im pragmatisch-handwerklichen Umgang mit den Leichen kaum Platz hat.

Rest in Peace konzentriert sich auf die ganz profanen Details des Handwerks mit den Leichnamen. Am eindrucksvollsten sind dabei allerdings die Episoden, die auch den jeweiligen Protagonisten, der dieses Handwerk ausübt, menschlich näherbringen. Das gelingt nicht in allen acht Episoden gleichermaßen, trotzdem funktioniert der Film als Ganzes und bietet einen unterhaltsamen, unverstellten und schonungslosen Blick auf das, was wir eigentlich nicht so genau wissen wollen. Allerdings braucht der Film Zuschauer, die sich dieser Herausforderung auch stellen wollen. Verdient hätte er sie allemal.

Rest in Peace

Was kommt nach dem Tod? Gar nicht spirituell oder religiös gefragt, sondern ganz pragmatisch: Was passiert eigentlich nach dem Tod mit dem leblosen Körper?
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Meinungen

Susanne W · 30.03.2011

Naja ich bin Österreicherin und hab ihn schon im Kino gesehen. Vl gibt es den Film daher schon in Österreich zum Kaufen, doch ich hab noch keinen Anbieter gefunden :)

Redaktion kino-zeit.de · 30.03.2011

Im Moment noch nirgends inDdeutschland. Wir haben die Hoffnung, dass er hier vielleicht noch ins Kino kommen könnte.

Susanne W · 28.03.2011

Sehr guter und interessanter Film! Weiß irgendjemand wo es ihn zum Kaufen gibt?