Reise zum Horizont

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Fliegen lernen

Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die man sich einfach nicht erklären kann. Wie etwa jenen Flug von Ewa Wisnierska, bei dem sie beinahe ums Leben gekommen wäre. Eine Gewitterfront hatte ihren Gleitschirm in die unglaubliche Höhe von beinahe 10.000 Metern hoch katapultiert und der Belastung standgehalten. Was umso bemerkenswerter ist, da der Schirm vollkommen unkontrolliert durch die Lüfte schwebte. Die Pilotin hatte nämlich bei dem rasanten Aufstieg das Bewusstsein verloren und es erst wieder erlangt, als der Schirm sich wieder im Sinkflug befand. Ein Erlebnis, das die Weltklassepilotin bis heute nicht vergessen hat. Zumal ein chinesischer Kollege, der bei dem Trainingsflug neben ihr durch die Lüfte schwebte, das Abenteuer nicht überlebte. Trotzdem, das Fliegen kann sie einfach nicht lassen. Und es ist nicht allein das Erlebnis des Schwebens und das Gefühl, ganz eins mit sich selbst und dem eigenen Körper zu sein, sondern auch die Erkenntnisse, die das Fliegen so mit sich bringt.
Dörte Schwarz sieht das ganz ähnlich. Die ist bereits 69 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem man normalerweise nicht mehr anfängt mit dem Fliegen. Doch Dörte Schwarz wollte es noch einmal genau wissen. Vor mehr als dreißig Jahren hatte sie einmal im Urlaub einen Drachenflieger beim Starten beobachtet und seitdem immer selbst davon geträumt, sich auf diese Weise einmal in die Lüfte zu schwingen. Nach dem Tod ihres Mannes, den sie lange Jahre pflegte, will sie den Schritt wagen. Und ihre Lehrerin ist eine der besten Gleitschirmfliegerinnen – eben Ewa Wisnierska.

Rund um den Globus folgt der Film von Thomas Latzel den Flugbahnen der beiden unterschiedlichen Frauen und zeichnet ihre Faszination fürs Fliegen nach. Dabei gelingen dem Film immer wieder Einblicke in die Seelen von Dörte Schwarz und Ewa Wisnierska – was treibt sie an, warum haben sie sich ausgerechnet das Fliegen als ihren Sport ausgesucht, was hat das Fliegen mit ihrem Leben zu tun? Und letzten Endes geht es auch um die Frage, ob sie ihre selbst gesteckten Ziele erreichen können. Fliegen als Extremerfahrung und Parallele auf das Leben – das macht den Reiz dieses Films aus.

Vielleicht gelingt ja auch diesem kleinen, aber sehr ambitionierten und mit faszinierenden Bildern ausgestatteten Film ein ungeahnter Höhenflug. Denn vom Fliegen – das wissen Ewa Wisnierska und Dörte Schwarz – erweitert man nicht nur seinen eigenen Horizont, sondern lernt auch Dinge fürs Leben. Zum Beispiel, dass so manche Bruchlandung eben einfach mit dazugehört. Besonders in turbulenten Zeiten wie diesen ist es nicht schlecht, sich das immer mal wieder vor Augen zu führen.

Der Filmemacher Thomas Latzel bringt den Film in Eigenregie in die Kinos, seit dem 13. November ist das Werk bundesweit in ausgesuchten Kinos zu sehen. Wann der Film wo aufgeführt wird, steht auf der Website zum Film.

Reise zum Horizont

Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die man sich einfach nicht erklären kann. Wie etwa jenen Flug von Ewa Wisnierska, bei dem sie beinahe ums Leben gekommen wäre.
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Meinungen

Joerg Mayer · 28.11.2008

wir waren bei der Premiere in München und dieser Film hat auch mich als flieger begeistert. Selten erlebt man solche Einblicke in die fliegerei wie hier. Bestimmt werde ich mir den Film nochmals im Kino anschauen