Queen of Katwe

Feels right

Gewiss kann man Queen of Katwe als message movie bezeichnen – ein Werk, das zugleich unterhalten und eine Botschaft vermitteln möchte. Auch kann man die Disney-Produktion mit dem Feelgood-Label versehen, da sie eine Mut machende Geschichte aus dem wahren Leben schildert und dabei dem dramaturgischen Schema des (Denk-)Sportfilms folgt. Dennoch wird man der neuen Arbeit von Mira Nair (Monsoon Wedding) damit nicht vollauf gerecht – weil derlei Zuschreibungen nichts von dem feinen Gespür der Regisseurin und des Teams vor und hinter der Kamera für den Schauplatz und das Milieu der Erzählung sowie für die Figuren und deren Innenwelten erahnen lassen.
Auf Basis eines Magazinartikels und Buchs von Tim Crothers befasst sich William Wheelers Skript mit dem Leben von Phiona Mutesi (Madina Nalwanga), die mit ihrer verwitweten Mutter Nakku Harriet (Lupita Nyong’o), ihrer älteren Schwester Night (Taryn Kyaze) sowie ihren jüngeren Brüdern Mugabi Brian (Martin Kabanza) und Richard (Ivan Jacobo/Nicolas Levesque) in einer Hütte in Katwe – einem Slum nahe der ugandischen Hauptstadt Kampala – wohnt. Während Night die Familie verlässt, da sie der Armut entkommen will, unterstützt Phiona ihre Mutter beim täglichen Verkauf von Mais nach Kräften – und beantwortet die Frage, wie ihr Leben sei, mit einem ruhigen, ehrlich gemeinten „It is fine.“

Als der engagierte Missionar und Fußballtrainer Robert Katende (David Oyelowo) ihren Bruder Brian und eine Gruppe von Kindern dazu einlädt, das Schachspiel zu erlernen, stößt auch Phiona hinzu und erweist sich als außergewöhnlich begabt. Es gelingt Robert, die Kinder an einem Wettbewerb in einer wohlhabenderen Gegend von Kampala teilnehmen zu lassen – später spielt Phiona auf nationaler und schließlich gar internationaler Ebene. Überdies bringt Roberts Ehefrau Sara (Esther Tebandeke) Phiona das Lesen bei; bald findet sich für Phiona, Brian und andere Kinder eine Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Der Erfolg bei den Schachmeisterschaften setzt Phiona jedoch auch unter Druck – und lässt sie mit ihren bisherigen Lebensumständen hadern.

Der Verlauf von Phionas Coming-of-Age-Story und des Aufstiegs zur titelgebenden ‚Königin‘ mag konventionell sein; in vielen Details zeigt sich indes das Besondere dieses Films. So ist schon der Grund, weshalb Robert gerade das Schachspiel als Freizeitbeschäftigung für die Kinder der Umgebung vorschlägt, absolut schlüssig und auf das Milieu der Geschichte zurückzuführen: Da ihre Eltern es sich schlichtweg nicht leisten könnten, Krankenhausrechnungen zu bezahlen, kommt ein Sport wie Fußball (mit ständiger Knochenbruchgefahr) für einige Kinder nicht infrage. Wenn Phiona und die Gruppe die Regeln des Spiels auf handgemalten Schachbrettern zu begreifen beginnen, wird in diesen Passagen ein ganz eigener Zugang zum Thema gefunden, indem die anzuwendenden Schachstrategien zu dem Lebensalltag der Kinder in Bezug gesetzt werden. Die in Indien geborene Mira Nair, zu deren Wohnorten neben New York auch Kampala zählt, fängt das Geschehen mit ihrem Kameramann Sean Bobbitt in satten Farben ein; eine Beschönigung oder Romantisierung von Armut wird allerdings vermieden – was nicht zuletzt der Mutterfigur sowie der furiosen Rolleninterpretation von Lupita Nyong’o zu verdanken ist.

Nyong’o, die seit ihrem Oscar-Gewinn Anfang 2014 für 12 Years a Slave fast nur als Synchronsprecherin zu hören, aber in keinem tragenden Part zu sehen war, stattet Harriet mit Strenge und starkem Willen aus. Die Konflikte zwischen Mutter und Tochter – etwa als Phiona mit dem Dasein im Slum zunehmend unzufrieden ist – werden glaubhaft zum Ausdruck gebracht. Neben dem (wie üblich) charismatischen David Oyelowo glänzt die Debütantin Madina Nalwanga als Phiona durch ein zurückhaltendes, nachdenkliches Spiel, welches bei aller Stille auch Phionas Kampfgeist erkennen lässt. Unter den Kinderdarsteller_innen finden sich zahlreiche Talente; insbesondere Martin Kabanza als Brian und Nikita Waligwa als gewitztes Mädchen hinterlassen einen tiefen Eindruck. Mit diesem Ensemble und den zahlreichen kleinen und größeren Drehbuch- und Regie-Einfällen wird Queen of Katwe zu einem sehenswerten Film, der klug und mitreißend ist.

(Festivalkritik BFI London 2016 von Andreas Köhnemann)

Queen of Katwe

Gewiss kann man „Queen of Katwe“ als „message movie“ bezeichnen – ein Werk, das zugleich unterhalten und eine Botschaft vermitteln möchte. Auch kann man die Disney-Produktion mit dem Feelgood-Label versehen, da sie eine Mut machende Geschichte aus dem wahren Leben schildert und dabei dem dramaturgischen Schema des (Denk-)Sportfilms folgt.
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