Planet der Affen: Survival

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Gut gebrüllt, Caesar!

Die Monsterfilm-Neuauflage Kong: Skull Island, die im Frühjahr 2017 in die Kinos kam, bezog sich thematisch und ästhetisch stark auf Francis Ford Coppolas Meilenstein Apocalypse Now, der den Schrecken des Vietnamkriegs in verstörende Bilder kleidete. Trotz seiner interessanten Anspielungen erwies sich das prominent besetzte Inselabenteuer von Independent-Regisseur Jordan Vogt-Roberts (Kings of Summer) jedoch als eher simpel gestrickter Überwältigungsblockbuster, der Plot und Figuren gewaltigen Landschaftsbildern, digitalen Effekten und krachenden Explosionen unterordnete. Wie man mit großen Schauwerten eine intime, moralisch komplexe Geschichte erzählen kann, demonstriert hingegen Matt Reeves (Cloverfield) in Planet der Affen: Survival, dem ebenfalls von Coppolas flirrender Kriegsparabel beeinflussten dritten Teil einer 2011 gestarteten Science-Fiction-Reihe, die auf Motiven eines Romans von Pierre Boulle basiert.

Erstmals verfilmt wurde das dort beschriebene Szenario 1968 in Planet der Affen, der in den Folgejahren mehrere Fortsetzungen nach sich zog. 2001 zeichnete Regieexzentriker Tim Burton für ein Remake des Ursprungsstreifens verantwortlich, konnte die Kritiker mit seiner Version allerdings nicht überzeugen. Eine Dekade später versuchte sich sein Kollege Rupert Wyatt (The Gambler) mit Planet der Affen: Prevolution an einer neuen Vorgeschichte, in deren Mittelpunkt der intelligente Schimpanse Caesar steht, der von Schauspieler Andy Serkis durch das sogenannte Performance-Capture-Verfahren mit zum Leben erweckt wurde. Bei Planet der Affen: Revolution, dem zweiten Kapitel der neuen Saga, übernahm Matt Reeves den Staffelstab und überraschte das Kinopublikum mit einer grimmigen Dystopie, die mit Planet der Affen: Survival eine kongeniale Weiterführung findet.

Einige Zeit nach dem gewaltsamen Aufeinandertreffen zwischen dem von Caesar (Serkis) angeführten Primatenvolk und den durch einen Virus dramatisch dezimierten Menschen macht eine militärische Spezialeinheit Jagd auf die Affen, die sich wieder in die Wälder zurückgezogen haben. Durch einen Verrat erfährt ein skrupelloser Colonel (Woody Harrelson) vom Versteck der Tiere und tötet bei einem feigen Angriff einen Teil von Caesars Familie. Obwohl sich der kriegsmüde Clan-Chef nach Frieden sehnt und mit seinem Gefolge eigentlich aufbrechen will, um ein neues, sicheres Zuhause zu finden, wird er Opfer seines plötzlich hervorbrechenden Rachedurstes. Getrieben vom Wunsch nach Vergeltung, macht er sich, begleitet von seinen treuen Gefährten Maurice (Karin Konoval), Luca (Michael Adamthwaite) und Rocket (Terry Notary), auf die Suche nach dem Mörder seiner Liebsten.

Erinnerungen an Apocalypse Now dürften schon beim Einstieg aufkommen, wenn sich ein Trupp des Colonels an eine provisorische Festung der Affen anschleicht, die tief in einem regennassen, urwüchsigen Waldgebiet liegt. Caesar und seine Mitstreiter leben im Geheimen, schotten sich ab, stellen im Grunde keine Gefahr für die Menschen dar, werden aber dennoch von den Soldaten verfolgt. Nach dem schmerzlichen Verlust begibt sich der Anführer der Primaten, ähnlich dem Protagonisten in Coppolas 1970er-Jahre-Meisterwerk, direkt in das Herz der Finsternis, das sich hier als ein Gefangenenlager in einer dreckig-verschneiten Berglandschaft entpuppt. An diesem trostlos-düsteren Ort, der mit seinen Bildern von ausgemergelten Affen und brutaler Zwangsarbeit nicht zufällig an den Schrecken des Holocausts gemahnt, herrscht der unnachgiebige Colonel. Ein Bruder im Geiste des wahnsinnigen Apocalypse-Now-Antagonisten Kurtz, den Hollywood-Star Marlon Brando zum Besten gab. Auch Charakterkopf Woody Harrelson bringt den Irrsinn seiner Figur deutlich zum Ausdruck, die von einem heiligen Krieg zwischen Menschen und Affen philosophiert und dafür bis zum Äußersten gehen will. Parallel blitzen in seiner Darbietung und in der Anlage des Gegenspielers aber ebenso tragische Aspekte auf, die den Colonel über das Standard-Bösewicht-Muster hinausheben. Besonders gelungen ist in diesem Zusammenhang die finale Konfrontation zwischen dem Befehlshaber und Caesar, die die Konventionen der Rache-Erzählung auf spannende Weise abwandelt.

Das mit erstaunlichen kognitiven Fähigkeiten ausgestattete Oberhaupt des Primatenvolks bildet, wie in den Vorgängern, das emotionale Zentrum des Films und erscheint dieses Mal noch ein Stück gebrochener als zuvor. Der bislang stets um Ausgleich und gegenseitiges Verständnis bemühte Schimpanse wird nach der Ermordung der Familienmitglieder an seine Grenzen gebracht, ähnelt plötzlich seinem toten Kontrahenten Koba (Toby Kebbell), der im zweiten Teil den Krieg mit den Menschen forcierte, und lässt schließlich seine Gemeinschaft im Stich, um seinen persönlichen Schmerz mit einer wahnwitzigen Vergeltungsaktion zu tilgen. Der Krieg – das zeigt Caesars Entwicklung unmissverständlich auf – macht auch aus integren Lebewesen wütende, unberechenbare Kreaturen. Der im Drehbuch etablierte innere Konflikt wäre allerdings nur halb so mitreißend, wenn Andy Serkis dem aus dem Rechner stammenden Affen nicht seine eindringliche Mimik geschenkt hätte. Dank der nuancierten Darbietung des britischen Schauspielers im Performance-Capture-Verfahren kann der Zuschauer jede noch so kleine Regung in Caesars Gesicht erkennen. Und glücklicherweise nimmt sich das in rauen, imposanten Landschaften gedrehte Science-Fiction-Abenteuer immer wieder Zeit für ruhige, intensive Momente, in denen die Verzweiflung, die Trauer, die Müdigkeit und die Verbitterung der Primaten aus nächster Nähe in den Blick geraten.

Spektakuläre, effektreiche Actionszenen wie der krachende, mit einer Überraschung aufwartende Showdown gehören freilich ebenfalls zum Konzept der 150-Millionen-Dollar-Produktion, überlagern die trotz kleiner dramaturgischer Vereinfachungen packende emotionale Reise Caesars aber nicht. Eine Eigenschaft, die man im heutigen Blockbuster-Kino wahrlich selten findet.
 

Planet der Affen: Survival

Die Monsterfilm-Neuauflage „Kong: Skull Island“, die im Frühjahr 2017 in die Kinos kam, bezog sich thematisch und ästhetisch stark auf Francis Ford Coppolas Meilenstein „Apocalypse Now“, der den Schrecken des Vietnamkriegs in verstörende Bilder kleidete. Trotz seiner interessanten Anspielungen erwies sich das prominent besetzte Inselabenteuer von Independent-Regisseur Jordan Vogt-Roberts („Kings of Summer“) jedoch als eher simpel gestrickter Überwältigungsblockbuster, der Plot und Figuren gewaltigen Landschaftsbildern, digitalen Effekten und krachenden Explosionen unterordnete.

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