No Turning Back (2013)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Ein Mann, ein Auto

„Der Unterschied zwischen niemals und einmal ist der Unterschied zwischen Gut und Schlecht“, sagt Katrina Locke (Ruth Wilson) im Verlauf ihrer vielen Telefonate zu ihrem Ehemann Ivan Locke (Tom Hardy). Er hat abends seine Baustelle verlassen, um mit dem Auto nach London zu fahren. Dort bekommt eine Frau, mit der er einmal geschlafen hat, sein Kind. Diese Nacht, dieser einmalige Betrug an seiner Frau, lässt nun im Verlauf einer Autofahrt sein ganzes bisheriges Dasein zusammenbrechen, das er allein auf der Überzeugung aufgebaut hat, ein guter Mensch zu sein.

Steven Knights Film No Turning Back beginnt in dem Moment, in dem Ivan Locke in sein Auto steigt und endet, als er es wieder verlässt. Im Verlauf der rund neunzigminütigen Fahrt – so lange dauert auch der Film – entwickelt sich die gesamte Handlung über Ivans Telefonate, die Kamera bleibt beständig im Auto, blickt aus ihm heraus oder durch die Fenster hinein. Diese Begrenzung ist sowohl erzählerisch als auch stilistisch reizvoll: Die gesamte Geschichte entspannt sich durch Telefonate – dank der Freisprechanlage sind es Dialoge, bei denen nur einer der Gesprächspartner zu sehen ist. Die Menschen am anderen Ende der Leitung – Ivans Chef, ein Mitarbeiter, seine Söhne, seine Frau und seine Affäre – bleiben ohne Gesicht, hinzu kommen Selbstgespräche, die Ivan im Auto mit seinem Vater als imaginären Gesprächspartner auf dem Rücksitz des Wagens führt. Damit ist im gesamten Film nur das Gesicht und der Oberkörper von Tom Hardy zu sehen, der diese Rolle mit Bravour spielt. Die Angespanntheit, das konzentrierte Bemühen, die Kontrolle über die Ereignisse und sein Leben zu behalten, sowie die zunehmende Verzweiflung lassen sich an seiner Mimik, Gestik und der Betonung ablesen. Er ist ein Mann, der im Gegensatz zu seinem Vater für seinen Fehler einstehen will, damit sein Familienleben riskiert – und droht, seinen Job zu verlieren, da er die entscheidende Betonlieferung nicht persönlich annehmen kann.

Die Begrenzung auf das Auto und die Erzählweise weisen indes auf die Hauptschwierigkeit des Films hin: Das Auto wird oftmals zur Bühne, auf der ein guter Schauspieler seine Monologe hält und statt mit einem Schädel in den Rückspiegel spricht. Dabei liegt es weniger an Tom Hardy, dass die Dialoge oftmals konstruiert wirken, sondern an den leblosen und wenig authentischen Sätzen, die sowohl er als auch die Menschen am anderen Ende der Leitung sagen müssen. So erstaunt es doch, dass seine Frau erst betonen muss, sie habe mit einer Halbschwester und Schwester telefoniert, wenn sie ihrem Mann ihre Entscheidung mitteilen will, ob sie bei ihm bleibt oder ihn verlässt. Es gibt einige dieser statischen Sätze – und sie fallen umso mehr auf, da zweifellos guten Schauspielern wie Olivia Coleman, Ruth Wilson oder Andrew Scott nur ihre Stimme bleibt, um ihnen Lebendigkeit zu verleihen.

Auch in der Bildsprache entsteht aus der begrenzten Räumlichkeit nur wenig Kreativität. Die meisten Einstellungen sind aus kürzeren filmischen Autofahrten bereits bekannt, hinzu kommt eine aufdringliche Musik, die der Handlung nur wenig Spannung gibt. Deshalb bleiben es letztlich die Ausgangsidee und Tom Hardy, die in No Turning Back vollends überzeugen.
 

No Turning Back (2013)

„Der Unterschied zwischen niemals und einmal ist der Unterschied zwischen Gut und Schlecht“, sagt Katrina Locke (Ruth Wilson) im Verlauf ihrer vielen Telefonate zu ihrem Ehemann Ivan Locke (Tom Hardy). Er hat abends seine Baustelle verlassen, um mit dem Auto nach London zu fahren. Dort bekommt eine Frau, mit der er einmal geschlafen hat, sein Kind.

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