Napalm

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Hochgradig romantisch

Drei Mal war Claude Lanzmann in Nordkorea. Das erste Mal kam er 1958 mit einer französischen Delegation auf persönliche Einladung von Kim Il-Sung ins Land. Der Aufenthalt dauerte mehrere Wochen und Lanzmann traf dabei eine nordkoreanische Krankenschwester, in die er sich so verguckte, dass er sie sofort wiedersehen wollte.

Trotz Sprachbarriere schafften sie es, ein Treffen zu verabreden, das in einer gemeinsamen Bootsfahrt und mit viel öffentlichem Tumult endete. Lanzmann hat die Krankenschwester nie wiedergesehen. Die Geschichte aber trieb ihn so lange um, dass er sie nicht nur in seinen Memoiren Der patagonische Hase festhielt, sondern nun auch noch einen Dokumentarfilm daraus machte.

„Natürlich hätte man daraus einen Film mit richtigen Schauspielern machen können“, sagt Lanzmann über die Idee für Napalm. Spielberg hätte das wahrscheinlich gemacht, fügt er hinzu und spekuliert darüber, ob er nicht obendrein einfach Nordkorea irgendwo nachgebaut hätte, da man im Land nicht einfach filmen kann. Doch Lanzmann ist Dokumentarfilmer und da er nichts nachstellen wollte, kehrte er mit einem Kameramann nach Nordkorea zurück.

Offiziell drehten sie dort einen Film über Taekwondo, von dem einige Szenen im Dokumentarfilm vorkommen. Die Überwachung der ausländischen Gäste hörte dennoch niemals auf, und so ist Lanzmann nie ohne mindestens einen Funktionär zu sehen, der ihn am Arm hält. Dennoch entstanden bei dem Besuch auch Aufnahmen abseits des vorgetäuschten Kampfsportfilms. So ist Pjöngjang bei einer langen Fahrt durch die Straßen der nordkoreanischen Hauptstadt zu sehen. Den Besuch in einem Militärmuseum nutzt Lanzmann, um einen kurzen Rückblick auf den Koreakrieg und seine Opfer zu geben. Und auch bei der Besichtigung der beiden riesenhaften Statuen Kim Il Sungs und Kim Jong Ils durfte gedreht werden. Lanzmann friert die Bilder dieses Besuchs zu Stills ein, „da vor diesen Statuen alles zum Stillstand kommt“. Napalm beginnt damit gleich einem Essay über Nordkorea, dessen Rolle auf der politischen Weltbühne und wie das Land dorthin kam. Und dann wird der Film persönlich.

Führte Lanzmann für seine Dokumentarfilme Sobibor, 14. Oktober 1943, 16 Uhr und Der letzte der Ungerechten sowie allen voran natürlich Shoah lange narrative Interviews, so setzt er sich nun für die Geschichte seiner nordkoreanischen Affäre selbst vor die Kamera. Und er weiß, wie er eine Geschichte erzählen muss. In langsamen, wohlformulierten Sätzen kehrt er zu jenen Tagen in Pjöngjang zurück, in denen er die Krankenschwester kennenlernte. Man folgt ihm gern, er ist ein guter Erzähler und die Geschichte ist bis zum Ende hochgradig romantisch. Nur mit den letzten Sätzen erweist er sich dann doch als Mann seiner Zeit, der bei aller Reflexion und kluger Beobachtung eben doch ein großer Macho ist. „Warum ich die Krankenschwester nie kontaktiert habe? Ich wollte sie so in Erinnerung behalten, wie sie damals war und nicht sehen, was die Zeit und das Alter mit dieser Schönheit angestellt haben“, sagt der 91 Jahre alte Claude Lanzmann und lächelt in sich hinein.

Napalm

Drei Mal war Claude Lanzmann in Nordkorea. Das erste Mal kam er 1958 mit einer französischen Delegation auf persönliche Einladung von Kim Il-Sung ins Land. Der Aufenthalt dauerte mehrere Wochen und Lanzmann traf dabei eine nordkoreanische Krankenschwester, in die er sich so verguckte, dass er sie sofort wiedersehen wollte.

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