Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Vom Leben, Schaffen und Sterben eines großen Außenseiters

Kaum zu glauben, dass dies der gleiche Mann sein soll. Wäre da nicht der Hut, der charakteristische Spitzbart und die langen, ergrauten Haare sowie der unvergleichliche Kleidungsstil, würde man ernsthaft daran zweifeln. Knapp vier Jahre liegen zwischen den Aufnahmen, die die schreckliche Verwandlung des Regisseurs und einzigen Dandys des deutschen Films Werner Schroeter zeigen. Vier Jahre, in denen der Krebs aus dem einst blühenden Mann ein bis zum Skelett abgemagerten Schatten seiner Selbst machte. Als Schroeter am 12. April 2010 in Kassel den Folgen seiner Erkrankung erlag, verschwand mit ihm einer der originellsten Regisseure des „Neuen Deutschen Kinos“ von der Bühne, ein radikaler Außenseiter, der an den Filmsets ebenso zuhause war wie in den Regiestühlen diverser Theater- und Opernbühnen. Mit Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter hat Elfi Mikesch, die einstige kongeniale Kamerafrau des Regisseurs und dessen jahrelange künstlerische Vertraute (kennen gelernt haben sich die beiden im Jahre 1967), eine bewegende Hommage an den Weggefährten realisiert, die sich vor allem auf Persönliches und Zugänge zu seiner Arbeitsmethodik konzentriert.
Beinahe beiläufig streift der Film die vielen künstlerischen Stationen Schroeters, flicht Ausschnitte aus seinen Filmen von Eika Katappa (1969) über Palermo oder Wolfsburg (1980), für den er 1980 den Goldenen Bären der Berlinale erhielt, bis hin zu seinem letzten Werk Diese Nacht (2008) ein. Ebenso selbstverständlich wie dies Schroeter im seinem künstlerischen Schaffen tat, wechselt der Film zwischen Theaterproben, Vorbereitungen zu einer Fotoausstellung und den präzise durchgeführten Arbeiten an der Synchronisation zu Diese Nacht. Schroeter war niemals ein Künstler, dem nur ein Metier für seine überbordenden und in der Musik beheimateten Imaginationen gereicht hätte. Und so ergänzen sich diese Impressionen gegenseitig, zeigen die Theatralik seiner filmischen Arbeitsweise, verdeutlichen die Musikalität seiner Bildfindungen, verweisen auf Wechselwirkungen und Kontrastierungen, die bei genauerer Betrachtung ein gewaltiges Gesamtkunstwerk erzeugen, das Mediengrenzen aufhebt und Konventionen sprengt.

Zusammengehalten werden diese Einblicke in die Arbeit von einer ganzen Reihe von Gesprächen (unter anderem mit Wim Wenders und Wolf Wondratschek, mit Isabelle Huppert und Ingrid Caven, mit der Kostümbildnerin Alberte Barsacq und der Dramaturgin Monika Keppler). Das Leitmotiv, der rote Faden des Films aber wird bestimmt von der von tiefer Freundschaft und Bewunderung geprägten Diskussion mit Rosa von Praunheim, die durch die schonungslose Offenheit beeindruckt, mit der Schroeter über seinen Werdegang und das Leben im Schatten einer schweren Krankheit spricht. An einer Stelle treibt der Mann mit dem Hut sogar einen grandiosen Scherz mit dem früheren Geliebten und Weggefährten. Was der Unterschied sei zwischen Praunheim und dem Tumor: Schroeter lacht und sagt: „Der Tumor sitzt in mir, und du sitzt neben mir!“

Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter lebt von der Vertrautheit zwischen Elfi Mikesch und dem von ihr Porträtierten. An einer Stelle während des Gesprächs mit Rosa von Praunheim spricht Schroeter sie direkt an und macht damit für einen winzigen Moment sichtbar, dass dieser Film vor allem deshalb so überzeugend und bewegend geworden ist, weil sich hier ein großer Künstler öffnet und sein Leben Revue passieren lässt. Dabei beweist Schroeter – selbst bereits sichtlich gezeichnet von der Krankheit – einen unglaublichen Lebensmut, eine Würde und eine unbändige Schaffenskraft, wie man sie in dieser Form nur selten auf der Leinwand zu sehen bekommt. Das Vermächtnis dieses Mannes ist nicht nur seine „Welt aus Licht“, die sich im Titel des eher assoziativ montierten Essays über ihn andeutet, sondern auch seine Haltung zu Kunst und Leben, die wohl kaum jemand besser miteinander in Einklang brachte als er.

Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter

Kaum zu glauben, dass dies der gleiche Mann sein soll. Wäre da nicht der Hut, der charakteristische Spitzbart und die langen, ergrauten Haare sowie der unvergleichliche Kleidungsstil, würde man ernsthaft daran zweifeln. Knapp vier Jahre liegen zwischen den Aufnahmen, die die schreckliche Verwandlung des Regisseurs und einzigen Dandys des deutschen Films Werner Schroeter zeigen.
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